In Kapitel 1 haben wir betrachtet wie Welleneigenschaften von Licht in Interferenz- und Beugungsexperimenten zu Tage treten. In diesem Kapitel betrachten wir den Photoeffekt, der im klassischen Wellenbild des Lichts nicht zu erklären ist. Der Photoeffekt zeigt, dass Licht ebenfalls Teilchencharakter aufweist, nämlich, dass die Energie elektromagnetischer Strahlung quantisiert ist.
Der Photoeffekt wurde erstmals 1839 von Alexandre Edmond Becquerel beobachtet. 1886 führten Heinrich Hertz und sein Assistent Wilhelm Hallwachs dann erste systematische Untersuchungen durch. Philipp Lenard untersuchte dann 1900 als erster quantitativ den Photoeffekt in einer Hochvakuumapparatur.
Wir untersuchen zunächst anhand eines Versuchs, den Hallwachs um 1888 durchführte, den Photoeffekt (siehe Abb. 2.1). Eine Zinkplatte, die zuvor mit einer Spannungsquelle positiv oder negativ aufgeladen wurde, wird mit dem weissen Licht einer Bogenlampe bestrahlt. Das Licht passiert gegebenenfalls vor dem Auftreffen auf die Zinkplatte einen Filter (z.B. Fensterglas oder eine Quarzscheibe). Die Ladung der Zinkplatte wird während des Versuchs mit einem Elektrometer1 gemessen.
Bei diesem Experiment macht man die folgenden Beobachtungen:
Aus den experimentellen Beobachtungen können wir die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:
Das Auslösen von Elektronen bei der Bestrahlung der Oberfläche eines Metalls oder eines anderen Festkörpers mit Licht wird Photoeffekt genannt.
Der Photoeffekt kann in einer Vakuumapparatur, in der die ausgelösten Elektronen als elektrischer Strom nachgewiesen werden können, quantitativ untersucht werden (siehe Abb. 2.2):
Bei der Durchführung dieses Experiments werden folgende Beobachtungen gemacht:
Der Photoeffekt lässt sich mit den Mitteln der klassischen Physik nicht ausreichend schlüssig erklären, wie wir im folgenden mittels einiger einfachen Ab-schätzungen sehen werden.
Wir betrachten eine Metalloberfläche (), die mit Licht der Leistung W bestrahlt wird (siehe Abb. 2.6). Das Ziel ist es die mittlere Energieaufnahme pro Elektron pro Zeiteinheit an der Metalloberfläche zu bestimmen und daraus die Zeit, die es dauert bis im Mittel alle Elektronen aus der Oberfläche des Metalls ausgelöst sind. Aus dem Experiment (siehe Abschnitt 2.1.1) weiss man, dass diese Auslösung quasi instantan erfolgt und diese Zeit in der Grössenordnung von s liegt.
Die Zahl der Elektronen an einer Metalloberfläche lässt sich wie folgt ab-schätzen. Der Durchmesser eines Atoms beträgt Å . Unter der Annahme, dass ein Elektron pro Atom, welches die Fläche Å einnimmt, relevant ist für die Ladungsdichte an der Oberfläche, ergibt sich für die Anzahl der Elektronen auf der Oberfläche des Metalls
Somit ergibt sich für die mittlere Energieaufnahme pro Elektron und Zeiteinheit an der Metalloberfläche
Die Austrittsarbeit eines typischen Metalls ist von der Grössenordnung von 1 eV. Wenn die Energie des einfallenden Lichts gleichmässig auf alle Elektronen an der Oberfläche verteilt würde, würde es s dauern, bis alle Elektronen im Mittel genügend Energie absorbiert haben, um die Austrittsarbeit zu überwinden. Unter dieser Annahme würde ein Elektron im Mittel in 1 ns nur eine Energie von eV aufnehmen, viel zu wenig, um die Austrittsarbeit zu überwinden.
Dieses Resultat steht im klaren Widerspruch zu den Beobachtungen aus dem Experiment, dass diese Auslösung quasi instantan erfolgt. Daher wird hier ein neuer Ansatz zur Erklärung des Photoeffekts benötigt, der durch Albert Einstein geliefert wurde, wofür er 1921 den Nobelpreis in Physik erhielt.
Licht der Frequenz kann auf ein Elektron die Energie übertragen, wobei das Plancksche Wirkungsquantum ist. Um ein Elektron aus dem Metall zu befreien, muss die Austrittsarbeit aufgewendet werden. Die kinetische Energie des vom Licht losgelösten Elektrons beträgt maximal
Daraus schloss Einstein, dass Licht der Frequenz sich wie ein Teilchen der Energie verhält. Diese Teilchen nennt man Lichtquanten oder Photonen. Ein einzelnes Photon kann seine gesamte Energie auf ein einzelnes Elektron übertragen. Beim Austritt aus dem Metall wird das Elektron die Austrittsarbeit überwinden und die restliche Energie als kinetische Energie aufnehmen
Den Prozess des Auslösens eines einzelnen Elektrons aus einer Metalloberfläche durch Wechselwirkung mit einem einzelnen Photon kann man in einem Energieniveaudiagramm einfach darstellen (siehe Abb. 2.7). Solche Energieniveaudiagramme werden uns im weiteren Verlauf des Buchs häufig begegnen, da sie sehr hilfreich sind zum Verständnis zahlreicher Probleme in der Quantenmechanik.
Der Photoeffekt wird heute in vielerlei Art und Weise in technischen Anwendungen zum Einsatz gebracht, wenn kleine Lichtintensitäten, bis hinunter zu einzelnen Photonen, empfindlich nachgewiesen werden sollen, wie zum Beispiel auf dem Charged-Coupled-Device-(CCD)-Mikrochip einer Digitalkamera.
Mit den ersten technisch realisierten Einphotonendetektoren wurde es mög-lich ein einzelnes von einem Metall ausgelöstes Elektron und damit auch ein einzelnes Photon als elektrischen Impuls zu detektieren. Solche Einphotonendetektoren sind in etwa nach dem in Abb. 2.8 skizzierten Schema aufgebaut.
Der Einphotonendetektor funktioniert wie folgt: (1) Ein Photon erzeugt ein Elektron mittels Photoeffekt. (2) Das Elektron wird anschliessend mit Hilfe einer elektromagnetischen Linse auf die sogenannten Dynoden fokussiert. Eine Dynode ist eine Elektrode aus einer Serie von Einzelelektroden. Über die gesamte Serie der Dynoden ist eine Beschleunigungsspannung angelegt. Zwischen einem Paar von Dynoden fällt somit entsprechend der Anzahl der einzelnen Dynoden eine Teilspannung ab und Elektronen werden von Dynode zu Dynode beschleunigt. Trifft ein Elektron auf die Oberfläche einer Dynode, so werden weitere Elektronen emittiert und der Strom wird verstärkt. Eine Dynode erfüllt sowohl die Eigenschaften einer Kathode als auch einer Anode, da sie Elektronen emittiert und absorbiert. (3) Das erste Elektron wird aufgrund der positiven Spannung auf eine kinetische Energie von beschleunigt, wobei W der Austrittsarbeit einer Dynode entspricht. Dadurch werden Sekundärelektronen4 ausgelöst. Durch das Aneinanderreihen von mehreren Dynoden unter der Bedingung wird die Elektronenzahl auf ein messbares Niveau vervielfacht. (4) Zur Messung werden die Sekundärelektronen durch eine Kollektoranode aufgefangen und ein Strompuls, welcher von einem Elektron bzw. Photon ausgelöst wurde, kann detektiert werden. Jeder Strompuls entspricht somit einem einzelnen einfallenden Photon.
In der modernen Halbleiterelektronik können einzelne Photonen im Halbleiter frei bewegliche Ladungsträger erzeugen, wenn ihre Energie grösser ist als die Energielücke des Halbleiters. Die so erzeugten Ladungen lassen sich dann elektrisch detektieren. Dabei ist es nicht mehr nötig, die Ladungen aus dem Material ins Vakuum herauszulösen. Für die Weiterentwicklung dieser Technik zum CCD-Detektor, wie er in vielen Digitalkameras eingesetzt wird, wurden Willard Boyle und George Elwood Smith 2009 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Einerseits haben wir bei der Beobachtung des Photoeffekts erkannt, dass elektromagnetische Strahlung Teilcheneigenschaften besitzt. In geeignet ausgewählten Experimenten zeigt sich, dass die Energie der Strahlung in Form von einzelnen Quanten der Energie , die wir Photonen nennen, quantisiert ist. Andererseits zeigen Beugungs- und Interferenzexperimente (siehe Kapitel 1), dass Licht sich ebenfalls in geeigneten Experimenten wie eine Welle verhält. Dies könnte auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen. Jedoch handelt es sich hier um eine grundlegende Eigenschaft von Licht, die zuerst im Rahmen der Entwicklung der Quantenmechanik erkannt wurde, d.h. Licht hat sowohl Wellen- als auch Teilchencharakter. Was wir genau unter dieser Doppelnatur verstehen, erläutern wir in diesem Abschnitt anhand eines Experiments genauer.
Wir betrachten ein Experiment, dass sowohl die Wellen- als auch die Teilcheneigenschaften des Lichts, in einem einzigen Experiment zu Tage treten lässt (siehe Abb. 2.9).
Als Lichtquelle dient ein Laser, der Licht der Wellenlänge nm bei einer Leistung von mW erzeugt. Dies entspricht ungefähr einer Anzahl von Photonen, die pro Sekunde vom Laser emittiert werden. Der ausgesandte Lichtstrahl wird mit Spiegeln und Strahlteilern auf verschiedene Messapparaturen in den drei Armen des Aufbaus aufgeteilt, auf die wir nun genauer eingehen werden.
Mit der ersten Apparatur wird der Teilchencharakters des Lichts nachgewiesen. Dazu wird mittels Absorber die Lichtintensität so stark reduziert, dass nur noch alle paar Sekunden ein Photon aus dem Absorber austritt. Die Detektion einzelner Photonen erfolgt dann mit einem Photonenzähler, den wir in Abschnitt 2.3 kennengelernt haben.
In der zweiten Apparatur erfolgt, ohne Reduktion der Intensität des vom Laser ausgesandten Lichts, die bekannte Beugung von Licht am Doppelspalt, analog zum Abschnitt 1.2, bei der man das bekannte Interferenzmuster beobachtet, welches die Welleneigenschaften von Licht sichtbar macht.
In der dritten Apparatur wird der Laserstrahl wieder soweit abgeschwächt, dass nur wenige Photonen pro Zeiteinheit im Strahl vorliegen. Diese Photonen passieren dann einen Doppelspalt. Ein Einzelphotonendetektor weist die einzelnen durch den Doppelspalt getretenen Photonen ortsaufgelöst in der Bildebene nach. Dies ist zum Beispiel möglich durch Verwendung eines Bildverstärkers5 kombiniert mit einer CCD-Kamera6, die die einzelnen Photonen in der Bildebene registriert.
In diesem Experiment beobachten wir, wie einzelne Photonen in der Bildebene scheinbar an zufälligen Orten eines nach dem anderen detektiert werden. Sammeln wir mehr und mehr Photonen mit dem Detektor auf, so beobachten wir, dass sich langsam das bekannte Interferenzmuster des Doppelspalts ergibt. Die Anzahl der Photonen, die an einer bestimmten Stelle auf dem Schirm auftreffen, scheint durch das Quadrat der Amplitude der interferierenden elektromagnetischen Welle, die durch den Doppelspalt tritt, gegeben zu sein.
Die Wellen- und Teilcheneigenschaften elektromagnetischer Strahlung lassen sich somit wie folgt in Einklang bringen: Die in der klassischen Theorie der elektromagnetischen Wellen als Intensität gegebene Grösse (proportional zum Quadrat der Amplitude des Feldes) ist proportional zur Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon an dem betrachteten Ort des Raumes detektiert werden kann. Diese Beobachtung wird sich im weiteren Verlauf des Buchs als wichtiges Element der Quantentheorie herausstellen.
Wir untersuchen nun als nächstes wie diese Interpretation am Beispiel der Beugung am Spalt (siehe Abschnitt 1.1) konkret zu verstehen ist.
Die Beugungsintensität hinter einem Spalt ist nach der oben ausgeführten Interpretation als Statistik zu verstehen. D.h. die Beugungsintensität ist ein Mass für die Häufigkeit, mit welcher Photonen unter dem betreffenden Beugungswinkel beobachtet werden (siehe Abb. 2.10).
Wir bemerken dabei, dass der Detektor in jeder Winkeleinstellung einzelne Photonen detektiert. Es werden niemals Bruchteile von Photonen detektiert. Ein Photon wird also nicht aufgeteilt und ist auch nicht über den Beugungsbereich verteilt, wenn es detektiert wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Intensitätsverteilung hinter dem Spalt nicht von einer Interferenz zwischen verschiedenen Photonen herrührt. Auch wenn sich zu jedem Zeitpunkt des Experiments nur ein einzelnes Photon in der Apparatur befindet, werden dieselben Interferenzphänomene beobachtet.
In anderen Worten: Mit elektromagnetischer Strahlung kann man Beugungsversuche machen, bei denen die Intensität so klein ist, dass sich aufs Mal nur ein einziges Photon in der Apparatur aufhält. Auch in diesem Fall ist die Häufigkeitsverteilung der detektierten Photonen gegeben durch die aufgrund des Wellenbildes berechnete. Mit diesen Überlegungen sind wir zu einer statistischen Interpretation der Intensität gelangt.
Wir betrachten die Beugung von Mikrowellen, d.h. die Beugung von Licht der Wellenlänge cm (Frequenz 1/s), an einem Spalt der Breite cm. Die auf den Spalt einfallende Strahlungsleistung sei von der Grössenordnung W. Für die Energie eines Mikrowellenphotons ergibt sich
Pro Sekunde fällt somit die folgende Anzahl Photonen auf den Spalt
d.h. eine relativ grosse Anzahl. Somit bekommt man bei der Beugung von Mikrowellen am Spalt bereits für eine kurz andauernde Messung eine grosse Zahl von detektierten Photonen und die Quantennatur der Strahlung ist nicht einfach nachzuweisen, da die detektierten Photonen nicht mehr zeitlich aufgelöst werden können.
Als zweites Beispiel betrachten wir die Beugung von Röntgen-Strahlen, d.h. die Beugung von Licht der Wellenlänge cm (Frequenz 1/s), an einem Spalt der Breite cm. Die auf den Spalt einfallende Strahlungsleistung ist von der Grössenordnung W. Für die Energie eines Röntgen-Photons ergibt sich
Pro Sekunde fällt somit die folgende Anzahl Photonen auf den Spalt
Auf den ersten Blick erkennt man, dass man bedeutend länger messen muss als beim Mikrowellenexperiment, um bei der Ausmessung der Winkelverteilung hinter dem Spalt eine gute Statistik zu erhalten.
Zum Abschluss gehen wir noch der Frage nach, wie viele Photonen sich gleichzeitig in der Apparatur aufhalten. Wir nehmen dazu an, dass die Wegstrecke , die die Photonen zu durchlaufen haben, 10 cm beträgt. Daraus ergibt sich für die Zeit , die sich ein Photon in der Apparatur aufhält
Da pro Sekunde nur Photonen eintreffen, ist es daher sehr unwahrscheinlich, dass sich zur selben Zeit mehr als ein Photon in der Apparatur befindet.
Bei der Bestrahlung einer Metallplatte mit Licht werden Elektronen ausgelöst. Dieser Effekt wird Photoeffekt genannt und war ein erster Hinweis auf die Quantisierung des Lichts, d.h. dass Licht Teilchencharakter zeigt. Das klassische Wellenmodell versagt bei der Erklärung und es benötigt ein neues Modell. Hier nochmals die wichtigsten Resultate zur Interpretation des Photoeffekts durch Einstein:
Eine weitere Erkenntnis ist, dass Licht sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften besitzt. Welche Eigenschaft in Erscheinung tritt, hängt vom durchgeführten Experiment ab.