In Kapitel 2 haben wir den Photoeffekt kennengelernt. Der Effekt beschreibt die
Tatsache, dass durch die Bestrahlung einer Metalloberfläche mit Licht, Elektronen
aus einem Metall gelöst werden können. Dabei kann ein Lichtquant (Photon) seine
gesamte Energie auf ein einzelnes Elektron übertragen.
Dazu existiert ein inverser Effekt: Bei der Abbremsung von Elektronen an einer Metalloberfläche wird elektromagnetische Strahlung emittiert. Auf diesen inversen Photoeffekt der durch Bremsstrahlung hervorgerufen wird, gehen wir in diesem Kapitel ein. Zuerst betrachten wir die Erzeugung von Bremsstrahlung klassisch. Anschliessend wenden wir uns der Erzeugung und Charakterisierung von Röntgen-Strahlung zu. Aufbauend auf der Messung des Röntgen-Spektrums erfolgt eine quantenmechanische Interpretation der Bremsstrahlung.
Wir untersuchen als erstes die Bremsstrahlung, d.h. die Emission von
elektromagnetischer Strahlung beim Abbremsen von Elektronen an einer
Metalloberfläche, an einem einfachen klassischen Modell (siehe Abb. 3.1): Eine
negativ geladene Ladung (z.B. ein Elektron) bewegt sich auf eine positive
Ladung
zu und erfahre dabei eine negative Beschleunigung (Bremsung), deren
Ursache wir zunächst nicht weiter diskutieren wollen. Diese Ladungskonfiguration
lässt sich als Hertzscher Dipol beschreiben. Wir nehmen an, dass sich die negative
Ladung
längs der z-Achse bewegt und die positive Ladung
im
Ursprung fixiert ist. Das entsprechende Dipolmoment ist dann längs der z-Achse
gerichtet und beträgt
, wenn
der Ort der Ladung
bezeichnet.
Die vom Dipol unter dem Winkel bezogen auf die Dipolachse z abgestrahlte
Intensität
im Abstand
vom Dipol ist gegeben durch den Betrag des
entsprechenden Poyntingvektors
(auf eine Herleitung wird hier
verzichtet und auf weiterführende Literatur [2] verwiesen)
Wegen der endlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen
Wellen ist
zur (retardierten) Zeit
zu nehmen, damit man
bzw.
zur Zeit
erhält. Aus (3.1) wird klar, dass ein elektrischer Dipol
strahlt, wenn die zweite Ableitung des Dipolmoments nach der Zeit
nicht
verschwindet. Aus
folgt
. Damit also
ist, muss gelten
,
was in unserem Modell erfüllt ist, da unsere negative Ladung
eine
negative Beschleunigung erfahre. Grosse Werte von
und damit eine hohe
Strahlungsintensität werden erreicht, wenn sehr schnelle Elektronen beim
Auftreffen auf Materie abgebremst werden. Da der Bremsvorgang die Ursache für
die elektromagnetische Strahlung ist, wird diese Strahlung Bremsstrahlung
genannt.
Der Bremsvorgang wird im Allgemeinen sehr kompliziert sein. Das Elektron kann viele Zusammenstösse erleiden, bis es seinen Platz im Metall gefunden hat, sei es in einem Atom oder im Elektronengas. Als Extremfall könnte man sich klassisch folgenden Einzelprozess vorstellen, bei dem das Elektron seine ganze kinetische Energie in Strahlung umwandelt (siehe Abb. 3.2): Das einfallende Elektron dringt in die Elektronenwolke eines (neutralen) Atoms ein und wird durch das im Innern herrschende elektrische Feld umgelenkt. Wegen der Beschleunigung bzw. Verzögerung, die es dabei erfährt, strahlt es eine elektromagnetische Welle ab und verliert dadurch kinetische Energie. Im Grenzfall könnte es am Rande des Atoms zum Stillstand kommen.
Wir führen hier die aufwendige Rechnung nicht durch, sondern nur eine qualitative
Betrachtung über die Form des Frequenzspektrums der emittierten Strahlung geben.
Wir betrachten einfachheitshalber den Bremsvorgang des Elektrons in einer
Dimension. In Abb. 3.3 ist diese Bewegung in einem Geschwindigkeits-Weg- und in
einem Beschleunigungs-Weg-Diagramm dargestellt: Das Elektron befindet sich zuerst
in einem freien Flug und wird anschliessend in einem Atom oder im Elektronengas
eines Metalls gebremst. Die Stärke des elektrischen und magnetischen Feldes in der
Wellenzone ist proportional zu . Das Frequenzspektrum ergibt
sich dann durch Fourier-Transformation von
. Das Spektrum
wird kontinuierlich sein und sich zumindest bei klassischer Betrachtung von
bis zu beliebig hohen Frequenzen erstrecken. Die Verschiebung
beeinflusst das Spektrum nicht, so dass wir
fourier-transformieren können.
Um eine Idee zu gewinnen, wie das Spektrum etwa aussehen könnte, nehmen wir an,
dass der zeitliche Verlauf - des Bremsvorgangs durch eine Glockenkurve der
Breite
gegeben ist. Die maximale negative Beschleunigung
wird bei
gesetzt. Die Glockenkurve ist gegeben durch (siehe Abb. 3.4)
Die Fourier-Transformierte ist dann wieder eine Glockenkurve
Wesentlich ist hier, dass sich das Spektrum bis zu beliebig hohen Frequenzen
erstreckt und das Amplitudenmaximum bei liegt. Da
symmetrisch
angenommen wurde, muss man positive und negative Frequenzen im Spektrum nicht
unterscheiden, d.h. es genügt, die rechte Hälfte des Spektrums zu betrachten.
An diesem sehr vereinfachten klassischen Modell ist noch eine wesentliche Korrektur anzubringen: Beim Bremsprozess dringen die Elektronen eine sehr kleine Strecke in das Metall ein, so dass ein Teil der emittierten Bremsstrahlung in diesem absorbiert wird. Die niederfrequente Strahlung wird dabei viel stärker absorbiert als die hochfrequente Strahlung. Dieser Effekt bewirkt eine bedeutende Veränderung der Form des klassisch erwarteten Spektrums auf der niederfrequenten Seite (siehe Abb. 3.5).
Beschleunigt man Elektronen auf Energien von einigen , so kann der inverse
photoelektrische Effekt benutzt werden, um kurzwellige elektromagnetische Strahlung
kontrolliert zu erzeugen. Diese Strahlung wird nach ihrem Entdecker Wilhelm
Röntgen1
auch Röntgen-Strahlung genannt. Solche Strahlung durchdringt Materie und findet
daher auch Anwendung in der Medizin bei der Abbildung von Knochen oder
inneren Organen, sowie in der Festkörperphysik bei der Untersuchung von
Materialeigenschaften. Dabei wird im ersten Fall typischerweise die Absorption der
Röntgen-Strahlung gemessen, wohingegen im zweiten Fall Interferenzphänomene
benutzt werden, um Kristallstrukturen akkurat zu bestimmen.
Eine Röntgen-Röhre (siehe Abb. 3.6) besteht aus einem in einem Vakuumbehälter installierten thermischen Elektronenemitter dessen Elektronen auf hohe Energien beschleunigt werden und dann auf eine Anode treffen. Wir gehen nun auf einige wichtige Aspekte bei der Erzeugung von Röntgen-Strahlung ein.
(1) In einem ersten Schritt werden freie Elektronen mittels des thermoelektrischen
Effekts (siehe Abschnitt 3.3) erzeugt. Dazu wird ein Filament elektrisch erhitzt
indem es an eine Stromquelle angeschlossen wird. Erreicht das Filament eine
ausreichend hohe Temperatur, so können einzelne Elektronen die Austrittsarbeit
überwinden und das Filament verlassen. (2) Anschliessend werden die Elektronen
stark beschleunigt indem sie einen Feldgradienten durchlaufen, der durch eine
Spannung der Grössenordnung kV erzeugt wird, die zwischen einer
Gitterelektrode und einer Kollektorelektrode angelegt ist. Die so beschleunigten
Elektronen treffen auf die Anode und werden darin durch Vielfachstreuung an
Elektronen und Kernen abgebremst. (3) Dabei wird Bremsstrahlung mit einem
kontinuierlichen Spektrum erzeugt. Bei den betrachteten Beschleunigungsspannungen
erhält man Röntgen-Strahlung bei Wellenlängen zwischen
und
m.
In der Röntgen-Röhre wird der thermoelektrische Effekt eingesetzt um freie Elektronen zu erzeugen. Dieser Prozess löst, ähnlich dem Photoeffekt, Elektronen aus einem Metall aus. Beim thermoelektrischen Effekt wird die nötige Energie durch thermische Anregung anstatt durch Bestrahlung mit elektromagnetischer Strahlung bereitgestellt. Dieser Effekt wird z.B. auch in analogen Oszilloskopen, in den früher üblichen Röhrenfernsehern und in Elektronenmikroskopen zum Einsatz gebracht.
Die thermische Anregung der Elektronen erfolgt folgendermassen: Durch das
Metall fliesst ein Strom. Infolgedessen führt der elektrische Widerstand zum
Aufheizen des Metalls und der in ihm befindlichen Elektronen bis ein thermisches
Gleichgewicht eintritt. Für die Elektronen bei den höchsten Energien wird es
dann möglich die Austrittsarbeit zu überwinden und das Metall zu
verlassen.
Zur Veranschaulichung betrachten wir den Effekt in einem Energiediagramm (siehe
Abb. 3.7). Wir führen dazu die Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion ein, die
die Wahrscheinlichkeit angibt mit der ein Elektron eine Energie
bei gegebener
Temperatur
(im thermischen Gleichgewicht) hat
wobei die Fermi-Energie ist. Die Bedeutung der Fermi-Energie wird
klar, wenn wir den Fall
K betrachten. Bei
K nimmt die
Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion die Form einer Stufenfunktion ein, d.h.
Mit anderen Worten: Bei K sind alle Zustände im Metall bis zur Energie
besetzt, alle Zustände höherer Energie unbesetzt. Bei Metallen entspricht
ungefähr der Austrittsarbeit und ist von der Grössenordnung 2 - 5
eV.
Wird jedoch die Temperatur erhöht, so verformt sich die Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion
und es wird für die Elektronen durch thermische Anregung möglich, Zustände
oberhalb des Fermi-Niveaus einzunehmen. Wird nun die Temperatur so stark erhöht,
dass , d.h.
K, so ist es für die Elektronen möglich
das Metall zu verlassen.
In diesem Abschnitt untersuchen wir das Spektrum einer Röntgen-Röhre, deren Funktionsweise wir bereits kennengelernt haben (siehe Abschnitt 3.2), anhand verschiedener Messmethoden.
Im sichtbaren Bereich elektromagnetischer Strahlung, d.h. für Wellenlängen
zwischen 380 und 780 nm, verwendet man zur Wellenlängenmessung z.B. künstlich
hergestellte Beugungsgitter mit einer bekannten Gitterkonstante
von
der Grössenordnung der Wellenlänge
. Für kurzwellige Strahlung, wie
z.B. Röntgen-Strahlung, ist diese Methode allerdings schwierig zu realisieren.
Röntgen-Strahlung hat eine Wellenlänge von etwa 1 Å . Diese entstehen bei
Beschleunigungsspannungen
zwischen 20 und 50 kV. Technisch lassen sich bei
künstlichen Beugungsgittern minimale Spaltabstände von der Grössenordnung
von
Å realisieren. Wir betrachten nun die Bedingung für die
Beugungswinkel der Maxima unter diesen Aspekten (siehe Abb. 3.8):
Aufgrund der vorangegangen Betrachtungen gilt für die Röntgen-Strahlung: ,
was zur Folge hat, dass bei kleinen Ordnungszahlen
die Spektren auf
einen sehr kleinen Winkelbereich zusammengedrängt wären und bei grossen
Ordnungszahlen bzw. Beugungswinkeln sind die Beugungsmaxima so schwach,
dass man sie nicht mehr messen kann. Es wird klar, dass wir uns für die
Wellenlängenbestimmung bei der Röntgen-Strahlung einer anderen Methode
bedienen müssen.
Eine Möglichkeit ist Interferenz bei streifendem Einfall zu betrachten, d.h. wenn die Strahlung unter kleinem Winkel zur Oberfläche des Gitters einfällt (siehe Abb. 3.9).
Mit Hilfe eines Reflexionsgitters lässt sich damit Strahlung spektral zerlegen, auch
dann, wenn die Gitterkonstante gross ist im Vergleich zur Wellenlänge
. Ein
Beugungsmaximum tritt auf, wenn die Wegdifferenz zwischen zwei an benachbarten
Kämmen reflektierten Strahlen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge
ist
Daraus ergibt sich die folgende Bedingung für die Beugungsmaxima bei streifendem Einfall
Im Gegensatz zum Fall eines Gitters bei normalem Einfall der Strahlung ist der
Beugungswinkel im wesentlichen proportional zu statt zu
. Bei
streifendem Einfall kann man deshalb auch noch bei sehr kleinen Verhältnissen
spektrale Zerlegung vornehmen. Mit geeigneten optischen Reflexionsgittern
(
) ist es daher möglich, Röntgen-Strahlen im Wellenlängenbereich von
einigen Å aufzunehmen. Tatsächlich ist die Wellenlängenskala der Röntgen-Spektren
auf diese Weise an diejenige der optischen Spektren angeschlossen worden.
Anstelle von künstlich hergestellten Gittern kann man aber auch natürlich vorkommende periodische Strukturen, wie z.B. Kristallgitter verwenden. Bei natürlichen Kristallgittern sind typische Gitterkonstanten von der Grössenordnung von einigen Å , welche im Wellenlängenbereich der Röntgen-Strahlung liegen. Diese eignen sich daher bestens für die Beugung und damit Wellenlängenmessung von Röntgen-Strahlung. Allerdings handelt es sich hier nicht um zweidimensionale Strichgitter, sondern um sogenannte Raumgitter. Wir werden hier nur eine vereinfachte Theorie der Raumgitterinterferenz diskutieren und verweisen für weitere Ausführungen auf die Festkörperphysik.
Als Beispiel betrachten wir die Beugung von Röntgen-Strahlung an einem einfachen
kubischen Gitter mit der Gitterkonstante längs der kubischen Achsen (siehe Abb. 3.10).
Vereinfachend nehmen wir dazu an, dass die Gitterpunkte mit gleichen Atomen besetzt sein
sollen2.
In dieses Gitter soll eine ebene elektromagnetische Welle eindringen, wobei
die Einfallsrichtung in der xy-Ebene liegt. Der Einfallswinkel wird mit
bezeichnet. Unter dem Einfluss des Feldes der einfallenden Welle werden die
Elektronen der Atome zu erzwungenen Schwingungen angeregt, die eine feste
Phasenbeziehung mit der einfallenden Welle haben. Sie werden damit zu
kohärenten Sekundärstrahlern. Man spricht in diesem Fall von kohärenter
Streuung3.
Wir analysieren nun unter welchen Bedingungen, insbesondere unter welchen Winkeln, konstruktive Interferenz zwischen den von den einzelnen Atomen kohärent gestreuten Wellen auftritt. Ein Interferenzmaximum in der gestreuten Intensität kommt in der skizzierten Situation zustande, wenn die folgenden zwei sogenannten Bragg-Bedingungen4 (siehe Abb. 3.10) gleichzeitig erfüllt sind:
Daraus folgt für die Bedingung, dass der
Einfallswinkel
dem Ausfallswinkel
identisch sein
muss6
Dies sind die Bedingungen für Bragg-Reflexion an einer Schar von Netz-ebenen (im
Beispiel sind sie senkrecht zur y-Achse), deren Abstand beträgt. Zusätzlich
bemerken wir, dass das Interferenzmaximum umso schärfer ist, je grösser die Anzahl
Netzebenen ist, die beteiligt sind.
Diese Methode eignet sich, wie erwähnt, für die Bestimmung der Wellenlänge von
Röntgen-Strahlen bei bekannter Gitterkonstante
. Umgekehrt kann bei bekannter
Wellenlänge
die Gitterkonstante
eines natürlichen Kristalls bestimmt werden.
Diese Technik kommt in der Festkörperphysik häufig zur Anwendung (siehe
Abschnitt 7.2.2).
Man kann Atome in einem Gitter auf viele Weisen zu Netzebenen zusammenfassen.
Den einfachsten Fall haben wir in der Beschreibung der Bragg-Reflexion nach
Abb. 3.10 kennengelernt. In Abb. 3.11 ist nun eine weitere Möglichkeit skizziert, wie
die Atome in einem einfach kubischen Gitter zu Netzebenen zusammengefasst werden
können. In die Bragg-Bedingung (3.11) ist dann anstelle von der Abstand
dieser Netzebenen einzusetzen. Wir überprüfen dies in diesem neuen Beispiel.
Als Braggsche Netzebenen betrachten wir die eingezeichneten Diagonalebenen des kubischen Gitters. Konstruktive Interferenz der Streuwellen, d.h. ein Beugungsmaximum, tritt auf, wenn gleichzeitig folgende zwei Bedingungen er-füllt sind:
Analog zur Bragg-Reflexion nach Abb. 3.10 muss auch hier der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel sein
Ebenfalls muss der Wegunterschied zweier Strahlen, welche an zwei benachbarten
parallelen Ebenen reflektiert werden, einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge
entsprechen
Daraus ergibt sich
Mit folgt
Die Bragg-Bedingung lautet somit
d.h. wir erhalten wie behauptet die Bragg-Bedingung (3.11), wo anstelle von der
neue Netzebenenabstand
einzusetzen ist.
Das Phänomen der Bragg-Reflexion lässt sich statt mit Röntgen-Strahlung an einem
natürlichen Kristall mit Netzebenenabstand von einigen Å anschaulicher mit
Mikrowellenstrahlung an einem künstlichen Kristall mit einigen cm Netzebenenabstand
demonstrieren (siehe Abb. 3.12). Eingebettet in Schaumstoff, der die Mikrowellen
nicht streut, sind Aluminiumkugeln von 1.25 cm Durchmesser. Sie bilden
ein einfaches kubisches Gitter mit der Gitterkonstanten
cm. Ein
Klystron-Oszillator sendet eine elektromagnetische Welle von 3.2 cm Wellenlänge aus,
die durch eine Kunststofflinse in eine ebene Welle umgewandelt wird, die dann auf
das Kristallmodell einfällt.
Die skizzierte Stellung von Sender, Kristallmodell und Empfänger entspricht der
Bragg-Bedingung für und
cm
Auch die Bragg-Reflexion an den Diagonalebenen des kubischen Gitters lässt sich in diesem Modell demonstrieren
Wir betrachten nun die Messung des Spektrums einer Röntgen-Röhre. Zur
Messung dient ein sogenanntes Bragg-Spektrometer (siehe Abb. 3.13). Aus dem
Strahlungsfeld einer Röntgen-Röhre mit Molybdän-Anode wird durch zwei
Spalte ein annähernd paralleles Strahlenbündel ausgeblendet und an einem
NaCl-Kristall (einfach kubisches Gitter mit Å ) Bragg reflektiert. Als
Detektor wird ein Geiger-Zähler verwendet. Er spricht auf die einfallenden
Röntgen-Lichtquanten an. Die Intensität der Strahlung ist proportional zur Zählrate,
d.h. zur Anzahl der Quanten, die in einem bestimmten Zeitintervall registriert
werden.
Zur Aufnahme des Intensitätsspektrums der Röntgen-Röhre wird der Kristall
langsam gedreht. Die Bewegung des Geigerzählers ist mit derjenigen des
Kristalls so gekoppelt, dass die erste Bragg-Bedingung immer erfüllt ist. Bei
gleichzeitiger Erfüllung der zweiten Bragg-Bedingung wird die Intensität der an der
Schar der Netzebenen mit dem Abstand Å gestreuten Strahlung
detektiert.
Abb. 3.14 zeigt die Skizze einer Messung der Zählrate als Funktion des Reflexionswinkels für verschiedene Beschleunigungsspannungen (20, 30 und 50 kV), wie sie mit dem Aufbau aus Abb. 3.13 gemessen wird.
Bei beobachten wir ein kontinuierliches Spektrum, welches bei kleinen
Winkeln
abbricht. Bei höheren Beschleunigungsspannungen (
,
)
steigt die Intensität des Spektrums und der Winkel bei dem die Verteilung abbricht
erniedrigt sich. Dieses Abbrechen des Spektrums bei einer minimalen Wellenlänge
bzw. maximalen Frequenz
steht klar im Widerspruch zur klassischen
Betrachtung (siehe Abschnitt 3.1). Zusätzlich treten bei ausreichend hohen
Spannungen diskrete Linien im Spektrum auf, deren Position nicht von der
Beschleunigungsspannung abhängt.
Wenn die kürzeste Wellenlänge der von der Röntgen-Röhre erzeugten
Strahlung deutlich kleiner ist als der Netzebenenabstand
des Kristalls, dann wird
die Bragg-Bedingung nicht nur in erster Ordnung (
) sondern auch in höheren
Ordnungen (
) erfüllt. Dadurch zeigen sich im Spektrum bei grösseren
Beugungswinkeln Repliken der diskreten Spektrallinien und die Gesamtintensität
steigt an. Bei einer Winkeleinstellung
wird nicht nur die Wellenlänge
reflektiert, sondern auch die Wellenlängen
,
,
, ... ,
sofern sie im Spektrum der Röntgen-Röhre vorkommen. Nur wenn das Spektrum der
Röhre so beschaffen ist, dass der Kristall nur in der ersten Ordnung (
)
reflektiert, würde bei jeder Winkelstellung
nur Strahlung einer einzigen
Wellenlänge
in den Detektor gelangen und die Zählrate ergäbe
ein direktes Abbild des Intensitätsspektrums. Eine grobe Zerlegung in die
Ordnungen
= 1, 2 und 3 für die 50 kV Messung ist in Abb. 3.15 skizziert.
Die experimentellen Spektren brechen bei einer Grenzfrequenz , die innerhalb
der Messgenauigkeit der Messapparatur proportional zur Beschleunigungsspannung
ist, scharf ab. Der Proportionalitätsfaktor hängt nicht vom Anodenmaterial ab.
Ganz offensichtlich besteht hier ein Zusammenhang mit der Einsteinschen
Interpretation des Photoeffekts. Mit dieser quantenmechanischen Interpretation
beschäftigen wir uns im nächsten Abschnitt.
Die dem kontinuierlichen Spektrum überlagerten Linien treten bei einer Mo-Anode nur auf, wenn die Beschleunigungsspannung 20 kV überschreitet. Ihre Wellenlängen und die Schwellenspannung7 hängen nur vom Anodenmaterial ab.
Trägt man die Beschleunigungsspannung als Funktion der bei einer
Röntgen-Röhre gemessenen Grenzfrequenz
auf, so ergibt sich ein linearer
Zusammenhang (siehe Abb. 3.16). Die Gleichung der Geraden ist gegeben
durch
wobei die Steigung wie beim Photoeffekt durch das Plancksche Wirkungsquantum
und die Elektronenladung
bestimmt ist. Die Austrittsarbeit
ist von der
Grössenordnung von 1 eV und kann in diesem Experiment gegenüber
(Grössenordnung
eV) vernachlässigt werden.
Die Interpretation der Gleichung ist folgende:
Das Bremsstrahlungsexperiment zeigt also in Übereinstimmung mit dem Photoeffekt,
dass die Energie eines Lichtquants beträgt. Offenbar gilt diese Beziehung in
einem sehr grossen Energiebereich. Die Existenz der Grenzfrequenz
zeigt, dass
das einfallende Elektron seine ganze kinetische Energie zur Erzeugung eines Photons
aufwenden kann.
Das sich an die Grenzfrequenz anschliessende kontinuierliche Spektrum ist andererseits ein Indiz dafür, dass im Allgemeinen nur ein Bruchteil der kinetischen Energie zur Erzeugung des Photons dient und dass dieser beliebig sein kann. Dies ist auch plausibel aus der klassischen Betrachtung (siehe Abschnitt 3.1). Tatsächlich liefert die klassische Theorie eine gute Approximation für den langwelligen Teil des Bremsspektrums, wenn man die Absorption der Strahlung im Anodenmaterial als bekannt voraussetzt.
Wir haben gesehen, das dem kontinuierlichen Spektrum der Röntgen-Röhre (siehe Abb. 3.15) Spektrallinien überlagert sind. Dieses Linienspektrum ist für das verwendete Anodenmaterial charakteristisch und lässt sich akkurat nur unter Betrachtung der quantenmechanischen Eigenschaften der Atome des Anodenmaterials verstehen.
Das einfallende Elektron schlägt aus einer inneren gefüllten Elektronenschale eines
Atoms der Anode ein Elektron heraus. Durch den Übergang eines Elektrons aus einer
weiter aussen liegenden Schale in das Loch der nun freien inneren Schale wird ein
Photon mit einer chrakteristischen Energie emittiert. In Abb. 3.15 entspricht die
mit
bezeichnete Linie (
Å ) dem Übergang eines Elektrons
der L-Schale in ein Loch in der K-Schale. Die mit
bezeichnete Linie
(
Å ) dem Übergang eines Elektrons aus der M-Schale in ein Loch
der K-Schale. Hierbei sind die K-, L- und M-Schalen durch die diskreten
Bindungsenergien der Elektronen im Atom bestimmt. Um ein Loch in der K-Schale
des Molybdäns zu erzeugen, muss die Energie des einfallenden Elektrons 20 kV
übersteigen. Dies erklärt warum die Spektrallinien bei diesem Experiment erst
für die höheren Beschleunigunsspannungen (30 und 50 kV) zu beobachten
sind.
auf. Bei bekannter Wellenlänge lässt sich diese Methode umkehren und
zur Bestimmung der Gitterkonstante
von natürlichen Kristallen
heranziehen.
wobei die Austrittsarbeit gegenüber
vernachlässigt werden kann und
die Steigung wie beim Photoeffekt durch das Plancksche Wirkungsquantum
und die Elektronenladung
bestimmt ist. Das bedeutet, dass die
maximale Frequenz
der elektromagnetischen Strahlung, die beim
Abbremsen eines geladenen Teilchens der kinetischen Energie
entstehen kann, gegeben ist durch die Energie
. Oder in
anderen Worten: Das energiereichste Photon, das beim Abbremsen eines
geladenen Teilchens der kinetischen Energie
entstehen kann, hat die
Energie
. Das Bremsstrahlungsexperiment zeigt also in
Übereinstimmung mit dem Photoeffekt, dass die Energie eines Lichtquants
beträgt.