Nur eine kleine Anzahl von Elementen existiert natürlich in Form von einzelnen
Atomen. Die meisten Elemente liegen in gebundener Form als einzelne Moleküle in
Flüssigkeiten oder in Festkörpern vor. Ein Molekül ist definiert als eine Verbindung
von zwei oder mehr Atomen zu einer Einheit. Um genau zu sein ist es die kleinste
Einheit einer chemischen Verbindung, die noch deren Eigenschaften aufweist. Der
Begriff Molekül selber kommt aus dem Lateinischen und bedeutet kleine Masse.
Im Allgemeinen gibt es sehr viele Kombinationsmöglichkeiten von Atomen
zu Molekülen. Dieser Tatsache verdanken wir übrigens unseren Reichtum
an Stoffen in unserer Welt. Beispiele von einfachsten Molekülen sind das
Wasserstoffmolekül H, das Stickstoffmolekül N
und das Sauerstoffmolekül O
.
Da diese Moleküle aus zwei gleichen Atomen zusammengesetzt sind, werden
sie als homonuklear bezeichnet. Zweiatomige und heteronukleare (aus zwei
verschiedenen Atomen zusammengesetzte) Moleküle wären zum Beispiel
Lithiumfluorid LiF, Salzsäure HCl oder Kupferoxid CuO. In diesem Kapitel
beschäftigen wir uns mit der Beschreibung der Bildung und der Eigenschaften von
Molekülen.
Im Allgemeinen werden Moleküle dann gebildet, wenn die Gesamtenergie bei ihrer Bildung aus einzelnen Atomen gesenkt wird, d.h. die Summe der Energien der einzelnen, getrennten Atome muss grösser sein als die Gesamtenergie des gebildeten Moleküls. Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Bindungen zwischen Molekülen. Einerseits existiert die kovalente Bindung, auch homöopolare Bindung genannt, und andererseits die Ionenbindung, auch heteropolare Bindung genannt. Es sei bemerkt, dass die Erklärung des Zustandekommens beider Bindungen nur mit Hilfe der Quantenmechanik möglich ist.
Die kovalente Bindung tritt bei Bindungen zwischen Nichtmetallen auf. Das Zustandekommen der Bindung ist sich so vorzustellen, dass zwischen zwei Atomen, die ein Molekül bilden, eine anziehende Kraft wirkt, die durch Elektronen vermittelt wird, welche sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen den beiden Atomen aufhalten. Anders ausgedrückt, die beiden Atome werden durch Elektronen zusammengehalten, welche gleichzeitig an beide Atome gebunden sind bzw. zwischen den beiden Atomen hin und her springen.
Ein Beispiel für ein kovalent gebundenes Molekül ist das einfachste existierende
Molekül, das Wasserstoffmolekülion H, welches aus zwei Wasserstoffkernen
(Protonen) und einem Elektron besteht. Die Bindung lässt sich so vorstellen, dass das
Elektron die beiden Protonen zusammenhält, indem es zwischen ihnen hin und her
springt. Oder quantenmechanisch ausgedrückt: Zwischen den Wellenfunktionen, die
den Aufenthalt des Elektrons beim einen oder anderen Proton beschreiben, kommt es
zu einer positiven Interferenz, wodurch die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des
Elektrons zwischen den beiden beiden Protonen erhöht wird und ein bindender
Zustand entsteht. Auf das Wasserstoffmolekülion H
gehen wir in Abschnitt 17.2
noch ausführlicher ein.
Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass (kovalente) Bindungen nicht gebildet werden, wenn das Pauli-Prinzip verbietet, dass Elektronen sich in einem gemeinsamen Quantenzustand aufhalten oder wenn das Pauli-Prinzip nur erfüllt werden kann, indem Elektronen sich in höher angeregten Zuständen des Atoms befinden.
Ionenbindungen treten auf, wenn ein Metall und ein Nichtmetall eine Bindung eingehen. Das Zustandekommen der Bindung ist sich so vorzustellen, dass Elektronen des einen Atoms auf das andere Atom übergehen und somit positiv und negativ geladenen Ionen entstehen, zwischen denen eine anziehende Coulomb-Kraft wirkt. Es stellt sich natürlich noch die Frage, wieso Elektronen vom einen Atom zum anderen Atom übergehen. Diese Frage kann nur mit Hilfe der Quantenmechanik beantwortet werden, die besagt, dass es für Elektronen energetisch günstiger sein kann eine nur teilweise gefüllte Schale des einen Atoms zu verlassen und dafür eine Schale des anderen Atoms ganz zu füllen. In anderen Worten: Elektronen streben zu Edelgaskonfigurationen.
Das wahrscheinlich prominenteste Beispiel für eine Ionenbindung ist Kochsalz (NaCl).
Diese Bindung kommt zustande, indem ein Elektron des Na-Atoms zum Cl-Atom
übergeht. Zwischen dem positiv geladenen Na-Ion und dem negativ geladenen
Cl
-Ion herrscht folglich eine elektrische Anziehungskraft und es kommt zur
Bildung des NaCl-Moleküls.
Wie bereits erwähnt, ist das Wasserstoffmolekülion H das einfachste
existierende Molekül. Aus diesem Grund eignet es sich sehr gut zur
Illustration des Zustandekommens eines Moleküls (mittels kovalenter
Bindung)1.
Das Wasserstoffmolekülion wird als gebundener Zustand bei Gasentladungen in einer Wasserstoffatmosphäre beobachtet. In einer solchen Gasentladung wird dem Wasserstoffmolekül ein Elektron entrissen. Demzufolge besteht ein Wasserstoffmolekülion aus zwei Wasserstoffkernen (Protonen) und einem Elektron (siehe Abb. 17.1).
Wir stellen uns nun die Bildung des Moleküls so vor, dass zuerst die beiden Kerne
weit von einander entfernt sind und sich dann langsam näher kommen. In der
Startposition, wo die Kerne weit auseinander sind, ist das Elektron entweder um den
einen oder den anderen Kern lokalisiert. Die Wellenfunktion des Elektrons entspricht
also derjenigen des Wasserstoffgrundzustands oder
, wobei
Zudem lösen die Wellenfunktionen und
die zeitunabhängige
Schrödinger-Gleichung
wobei für die Energiewerte und
gilt
.
Wir bringen nun die Kerne näher zusammen. In diesem Fall spürt das Elektron, das
zuvor um eines der beiden Kerne lokalisiert war, die Anziehung beider Kerne. Die
Wellenfunktion im gebundenen Zustand erfüllt dementsprechend die zeitunabhängige
Schrödinger-Gleichung2
Das Ziel ist es nun die Wellenfunktion und die Energie
für das Elektron zu
bestimmen. Wie in Abschnitt 17.1.1 erwähnt, können wir das Zustandekommen
der Bindung beim Wasserstoffmolekülion so vorstellen, dass das Elektron
die beiden Protonen zusammenhält, indem es zwischen ihnen hin und her
springt. Aus diesem Grund wählen wir als Ansatz für die Wellenfunktion
eine Linearkombination der beiden Wellenfunktionen
und
,
d.h.
wobei und
zwei noch zu bestimmende Koeffizienten sind. Einsetzen in (17.5)
liefert
wobei wir die beiden Hamiltonoperatoren und
eingeführt haben. Wir
können nun diese Gleichung mit Hilfe der Schrödinger-Gleichungen (17.3) und (17.4)
vereinfachen. Es ergibt sich
wobei wir den Energieunterschied zwischen der Grundzustandsenergie und der
Energie des Elektrons im gebundenen Zustand
mit
bezeichnet haben. Wir
multiplizieren nun diese Gleichung mit
und integrieren über die
Ortskoordinate des Elektrons
wobei wir für die verschiedenen Integrale die Konstanten ,
und
eingeführt
haben. Mit diesen Konstanten lässt sich diese Gleichung in der einfachen
Form
schreiben. Analog multiplizieren wir (17.8) mit und integrieren wiederum
über die Ortskoordinate des Elektrons
. Es ergibt sich
wobei wir aus Symmetriegründen die Integrale durch die selben Konstanten S, C, und D wie zuvor ersetzen können und somit die Gleichung in der Form
schreiben können. Wir haben nun mit den Gleichungen (17.10) und (17.12)
zwei Gleichungen für die beiden Koeffizienten und
gefunden. Dieses
Gleichungssystem lässt sich in Matrixschreibweise darstellen
Ein Gleichungssystem dieser Art hat nur dann eine nichttriviale Lösung, wenn die Determinante der Matrix verschwindet, d.h. wenn gilt
und somit
Einsetzen in (17.13) ergibt für die Koeffizienten und
die Lösungen
Daraus erhalten wir für die Wellenfunktion ein antisymmetrische
und eine symmetrische
Lösung3
Die entsprechenden Energiewerte und
lauten
Nun stellt sich die Frage, ob beide dieser Zustände realisiert werden, nur einer der beiden oder keiner, d.h. kurz gesagt, ob überhaupt eine Bindung zustande kommt. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus der Berechnung der Bindungsenergie, d.h. aus dem Vergleich der Gesamtenergie bei weit auseinander liegenden Kernen mit der Gesamtenergie bei nahe beieinander liegenden Kernen. Nur wenn die Bindungsenergie bei einem bestimmten Abstand der Kerne negativ ist, kommt es zur Bindung.
Die Gesamtenergie bei weit auseinander liegenden Kernen entspricht der
Grundzustandsenergie
des Wasserstoffatoms. Die Gesamtenergie
bei
nahe beieinander liegenden Kernen ergibt sich aus der Summe der Energie des
Elektrons
oder
und der Coulombschen Abstossungsenergie
zwischen
den Protonen
Mit (17.20) und (17.21) folgt somit für die Bindungsenergie des
Wasserstoffmolekülions
Die Darstellung der Bindungsenergie in Abhängigkeit des Abstands
zwischen den Kernen (siehe Abb. 17.2) zeigt, dass im antisymmetrischen Zustand die
Bindungsenergie stets positiv ist und daher keine Bindung eintritt. Dieser Zustand
wird daher antibindender Zustand genannt. Umgekehrt wird für den symmetrischen
Zustand die Bindungsenergie in einem bestimmten Abstandsbereich negativ und es
kommt somit zur Bindung. Der symmetrische Zustand wird daher bindender Zustand
genannt. Nach unserem Modell beträgt die Bindungsenergie
eV
bei einem Abstand
Å zwischen den Kernen (siehe Abb. 17.2).
Um uns das Zustandekommen einer Bindung im symmetrischen (bindenden)
Zustand bzw. das Nichtzustandekommen einer Bindung im antisymmetrischen
(antibindenden) Zustand noch besser vorzustellen, werfen wir einen Blick auf die
entsprechenden Wellenfunktionen und
. Im symmetrischen Zustand
(siehe Abb. 17.3(a)) ist aufgrund der Überlappung der Wellenfunktionen
und
die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für das Elektron zwischen
den beiden Kernen erhöht. Folglich hält sich das Elektron häufig zwischen
den Kernen auf, wo es die Anziehungskraft beider Kerne spürt. Dadurch
wird die potentielle Energie des Gesamtsystems gesenkt, was zur Bindung
führt. Im antisymmetrischen Zustand (siehe Abb. 17.3(b)) ist hingegen die
Aufenthaltswahrscheinlichkeit zwischen den Kernen klein, in der Mitte sogar null.
Das bedeutet, dass sich das Elektron selten bis gar nie zwischen den Kernen
aufhält und meistens nur die Anziehungskraft eines Kerns zu spüren bekommt.
Zum Abschluss der Betrachtung des Wasserstoffmolekülions vergleichen wir die Werte
für die Bindungsenergie eV und den Abstand
Å zwischen
den Kernen aus unserem Modell mit den experimentell bestimmten Werten
eV und
Å . Es ist zu erkennen, dass die Abweichung
der Werte relativ gross ist. Trotzdem haben wir mit unserem Modell eine
gute Vorstellung erhalten wie es zur Bindung beim Wasserstoffmolekülion
kommt.
Nach dem Wasserstoffmolekülion erweitern wir unsere Betrachtung auf Moleküle mit mehreren Elektronen. Das einfachste solche Molekül ist das Wasserstoffmolekül, welches aus zwei Wasserstoffkernen (Protonen) und zwei Elektronen besteht (siehe Abb. 17.4).
Die Wellenfunktion dieses Zweielektronensystems erfüllt die
Schrödinger-Gleichung
wobei der Hamiltonoperator gegeben ist durch
Das Ziel ist es nun wie beim Wasserstoffmolekülion die Wellenfunktion und
die Energie
zu bestimmen. Dazu verwenden wir das Lösungsverfahren von
Heitler-London, welches nach Walter Heitler und Fritz London benannt ist und auf
dem sogenannten Variationsprinzip beruht.
Multiplikation der Schrödinger-Gleichung (17.24) mit und Integration
über die Ortskoordinaten
und
ergibt für die Energiewerte
den
Ausdruck
Das Variationsprinzip besagt nun, dass wenn anstelle der Lösung der
Schrödinger-Gleichung eine andere Funktion eingesetzt wird, man eine
angenäherte Lösung für die Energiewerte
erhält oder genauer gesagt eine obere
Grenze.
Da wir nun beim Wasserstoffmolekül im Vergleich zum Wasserstoffmolekülion zwei
Elektronen anstelle von einem Elektron vorliegen haben, müssen wir beim
Aufstellen eines Ansatzes für die Wellenfunktion das Pauli-Prinzip
berücksichtigen, d.h. die Gesamtwellenfunktion inklusive Spins der Elektronen des
Wasserstoffmoleküls muss antisymmetrisch sein. Die erste Möglichkeit diese
Bedingung zu erfüllen, ergibt sich mit einer symmetrischen Ortswellenfunktion und
einer antisymmetrischen Spinwellenfunktion
wobei die symmetrische Ortswellenfunktion nach (16.13) gegeben ist
durch
und die antisymmetrische Spinwellenfunktion durch
Die zweite Möglichkeit eine antisymmetrische Gesamtwellenfunktion zu konstruieren, ergibt sich mit einer antisymmetrischen Ortswellenfunktion und einer symmetrischen Spinwellenfunktion
wobei die antisymmetrische Ortswellenfunktion nach (16.14) gegeben ist
durch
und die symmetrische Spinwellenfunktion durch
Nach Lösungsverfahren von Heitler-London sind nun diese beiden Wellenfunktionen
und
als Ansatz für die Wellenfunktion
zu wählen, diese in (17.26) einzusetzen und somit eine im Sinne des
Variationsprinzips angenäherte Lösung für die Energiewerte des Wasserstoffmoleküls
zu erhalten. Wir verzichten an dieser Stelle auf diese Rechnung und betrachten gleich
die Lösung für die Bindungsenergie
für die beiden Fälle (siehe Abb. 17.5).
Wie im Fall des Wasserstoffmolekülions führen im Wasserstoffmolekül die
Wellenfunktionen mit symmetrischer Ortswellenfunktion zu bindenden Zuständen,
wohingegen die Wellenfunktionen mit antisymmetrischer Ortswellenfunktion zu
antibindenden Zuständen führen. Nach unserem Modell beträgt die Bindungsenergie
eV bei einem Abstand
Å zwischen den Kernen.
Wiederum sind die Abweichungen zu den experimentell bestimmten Werten
eV und
Å relativ gross. Das bedeutet, dass die
Wellenfunktion nach dem Heitler-London-Modell noch relativ ungenau sind und
zur Verbesserung des Modells noch weitere Effekte zu berücksichtigen sind.
An dieser Stelle sei noch bemerkt, dass - wie zu erwarten - die Bindungsenergie beim Wasserstoffmolekül stärker als beim Wasserstoffmolekülion ist, da sich zwei Elektronen für die Bindung zwischen den Kernen verantwortlich zeigen.
Die Beschreibung von komplexeren Molekülen als das Wasserstoffmolekülion oder das Wasserstoffmolekül ist allgemein eine sehr schwierige Aufgabe. Hilfreich ist nur die Tatsache, dass es häufig ausreicht die Wechselwirkung der Elektronen in den äusseren Schalen (Valenzelektronen) der beteiligten Atome zu untersuchen. Der Grund dafür liegt darin, dass Elektronen in den inneren Schalen aufgrund ihrer starken Bindung an den Atomkern nur schwach zu Atom-Atom-Wechselwirkungen beitragen. Zudem bestätigen Röntgen-Spektren diese Feststellung.
Der Grund wieso gewisse Moleküle wie das Wasserstoffmolekül H oder das
Wassermolekül H
O gebildet werden und andere Moleküle wie das Heliummolekül
He
nicht, liegt im Wesentlichen beim Pauli-Prinzip. Zum Beispiel hat
das Heliumatom im Grundzustand zwei Elektronen im
-Zustand mit
unterschiedlichem Spin. Wenn es nun mit einem anderen Heliumatom zusammen
kommt, wird jedes Heliumatom einen Teil der Zeit zwei Elektronen mit dem selben
Spin haben. Nach dem Pauli-Prinzip ist dies jedoch verboten und deshalb existiert
das Heliummolekül He
nicht.
Wir werfen nun nochmals einen Blick auf das Zustandekommen einer (kovalenten) Bindung zwischen zwei Atomen. Quantenmechanisch gesehen überlappen beim Zusammenkommen von zwei Atomen ihre Wellenfunktionen. Wird durch diesen Überlapp die Wahrscheinlichkeitsdichte der Elektronen zwischen den beteiligten Atomen erhöht, führt dies zu anziehenden Kräften und schliesslich zu einer (kovalenten) Bindung. Die dabei involvierten Elektronen können jedoch Wahrscheinlichkeitsdichten aufweisen, die sich von denen bei isolierten Atomen unterscheiden. Folgende s- und p-Zustände sind wichtig bei der Bildung von Bindungen bei Molekülen (siehe Abb. 17.6):
Molekülzustände werden gemäss ihrer Gesamtdrehimpulsquantenzahl
(Gesamtdrehimpuls entlang der Bindungsachse, d.h. z-Achse) mit einem griechischen
Buchstaben versehen:
Beim Wasserstoffmolekül liegt z.B. eine -Bindung vor. Allgemein bilden
Zustände
-Bindungen,
- und
-Zustände
-Bindungen. Es
können auch Bindungen aus Zuständen, die zu unterschiedlichen Drehimpulsen
gehören, gebildet werden. Ein Beispiel ist das Wassermolekül. Die zwei einfach
besetzten
-Zustände des Sauerstoffatoms kommen mit den
-Zuständen
der Wasserstoffatome zusammen und bilden jeweils eine
-Bindung.
Dabei bewirkt die gegenseitige Abstossung zwischen den Wasserstoffatomen
eine Vergrösserung des Winkels zwischen den Bindungsachsen von 90
zu
104.5
.
Diese Erklärung des Zustandekommens einer Bindung beim Wassermolekül kann
nicht bei allen Molekülen angewendet werden wie das Beispiel von Methan CH
zeigt. Man würde nämlich erwarten, dass das Kohlenstoffatom mit einer
Elektronenkonfiguration
mit zwei Wasserstoffatomen ein CH
Molekül mit zwei
-Bindungen unter einem Bindungswinkel von etwas mehr als
90
bildet. In der Natur kommt aber auch das Methan-Molekül CH
vor, das perfekt symmetrisch ist mit vier exakt gleichen C-H-Bindungen. Es
stellt sich jetzt natürlich die Frage, wie ist eine solche Bindung möglich. Die
Antwort ist, dass es beim Kohlenstoffatom zur Bildung von Superpositionen aus
dem
-Zustand und den drei
-Zuständen zu vier neuen Zuständen
(
-Zustände) kommt. Dieses Phänomen wird Hybridisierung genannt. Solche
hybridisierten Zustände treten auf, wenn die Bindungsenergien niedriger sind als
die der nicht hybridisierten Zustände. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass
beim Kohlenstoffatom noch zwei weitere Möglichkeiten von hybridisierten
Zuständen vorkommen:
-Zustände (ein Elektron bleibt im
-Zustand,
die übrigen drei besetzen hybridisierte Zustände) und
-Zustände (zwei
Elektronen bleiben im
-Zustand, die übrigen zwei besetzen hybridisierte
Zustände).
Die Gesamtenergie eines Moleküls hängt von seinem elektronischen Zustand, den Schwingungen der gebundenen Atome gegeneinander und der Rotation des Moleküls als Ganzes ab. Bei diesen drei Energien bewegen sich die Abstände zwischen den diskreten Energielevels auf unterschiedlichen Skalen, was sich auch in Molekülspektren widerspiegelt:
Molekülspektren sind hilfreich zur Analyse der Struktur von Molekülen. Zum Beispiel können Bindungslängen und Bindungswinkel aus den Schwingungs- und Rotationsspektren bestimmt werden
Um eine Idee von Rotationsspektren zu erhalten betrachten wir ein zweiatomiges Molekül, welches um den Schwerpunkt rotiert (siehe Abb. 17.7).
Das Trägheitsmoment dieses Moleküls um eine Achse durch den Schwerpunkt und senkrecht zur Verbindungslinie der beiden Atome beträgt
wobei wir im letzten Schritt die reduzierte Masse
eingeführt haben. Folglich entspricht die Rotation eines zweiatomigen Moleküls
der Rotation eines einzigen Teilchens der Masse um eine Achse mit
Abstand
. Der Betrag des Drehimpulses
des Moleküls ist gegeben
durch
wobei die Winkelgeschwindigkeit ist. Wie immer ist der Drehimpuls quantisiert,
d.h. es gilt
wobei wir die Rotationsquantenzahl eingeführt haben. Damit ergibt sich für
die Rotationsenergie
Die Linien im Spektrum ergeben sich durch Übergänge zwischen den verschiedenen
Energielevels . Für die Übergangsfrequenzen
gilt
Jedoch sind wie bei Atomen die Übergänge, die realisiert werden, durch eine Auswahlregel eingeschränkt
Zudem zeigen ausschliesslich Moleküle mit einem permanenten Dipolmoment
Rotationsspektren, da nur solche Moleküle elektromagnetische Strahlung emittieren
oder absorbieren können. Moleküle ohne permanentes Dipolmoment können
ihren Rotationszustand nur durch Stösse verändern. Beispiele für Moleküle
ohne permanentes Dipolmoment sind Methan CH oder Kohlenstoffdioxid
CO
.
Nach (17.43) ist die Übergangsfrequenz proportional zur Rotationsquantenzahl
. Aus diesem Grund sind im Spektrum eines Moleküls äquidistante Spektrallinien
zu beobachten.
Aus der Messung eines Rotationsspektrums kann mit (17.43) das Trägheitsmoment
eines Moleküls bestimmt werden. Sind zudem die Massen
und
der
beteiligten Atome bekannt, ergibt sich mit (17.38) die Bindungslänge
des
Moleküls.
Moleküle können zu Schwingungen entlang ihrer Bindungen angeregt werden. Für kleine Amplituden sind die Schwingungen eines Moleküls gut durch einen harmonischen Oszillator beschrieben. Die Schwingungsenergie ist daher nach Kapitel 10 gegeben durch
wobei wir die Schwingungsquantenzahl eingeführt haben und nur die Übergänge,
die die Auswahlregel
erfüllen, zugelassen sind. In der Realität ist der
Abstand der Energieniveaus der Molekülschwingung nicht äquidistant, sondern
nimmt für hohe Energien ab. Der Grund dafür liegt darin, dass für hohe Energien die
Beschreibung durch den harmonischen Oszillator nicht mehr gerechtfertigt
ist.
Mehratomige Moleküle haben verschiedenen Schwingungsmoden. Diese können lokal in nur einem Teil des Moleküls auftreten oder global im ganzen Molekül. Insbesondere auch diese Tatsache erlaubt aufgrund von Untersuchungen von Schwingungsspektren die Bindungsstruktur von Molekülen im Detail zu untersuchen.
Fluoreszenz und Phosphoreszenz sind zwei Phänomene, welche im Zusammenhang mit Rotations- und Schwingungsspektren auftreten.
Zur Erklärung von Fluoreszenz betrachten wir ein Molekül, welches durch Absorption eines Photons angeregt wurde. Der angeregte Zustand kann dann zurück in den Grundzustand übergehen. Dies kann auf zwei unterschiedlichen Arten geschehen. Einerseits durch aussenden eines Photons der selben Frequenz oder andererseits kann das Molekül zuerst Schwingungsenergie in Kollisionen mit anderen Molekülen verlieren und dann ein Photon mit niedriger Frequenz aussenden. Tritt die zweite Variante auf, spricht man Fluoreszenz. Das Prinzip von Fluoreszenz kommt zum Beispiel bei Leuchtstoffröhren oder bei Aufheller in Waschmitteln zur Anwendung.
Phosphoreszenz tritt auf, wenn ein Molekül von einem Singulett-Grundzustand
in einen angeregten Singulett-Zustand angeregt wird und anschliessend in
Folge von Kollisionen mit anderen Molekülen aus dem Singulett-Zustand in
ein Triplett-Zustand übergeht. Der Triplett-Zustand geht nun aufgrund der
Auswahlregel für die Spinquantenzahl sehr unwahrscheinlich in den
Grundzustand zurück und das Molekül verweilt in einem sogenannte metastabilen
Zustand4.
Solche Moleküle können daher noch lange nach der Anregung ihre Energie wieder
abgeben. Phosphoreszenz wird zum Beispiel bei Schildern oder Leuchtziffern
eingesetzt.