Kapitel 8
Atomare Spektren - Bohrsches Atommodell

In Kapitel 7 haben wir bereits die Struktur des Atoms kennengelernt. Ein Atom besteht im Wesentlichen aus einem positiv geladenen Atomkern und den Atomkern umkreisenden Elektronen. In diesem Kapitel knüpfen wir nun daran an. Wir werden uns mit den Spektren der von Atomen ausgesandten elektromagnetischen Strahlung auseinandersetzen. Die beobachteten diskreten Linienspektren deuten darauf hin, dass Elektronen in einem Atom mit bestimmten diskreten Energiewerten an den Atomkern gebunden sind. Dieses Phänomen konnte nicht mit den Mitteln der klassischen Physik erklärt werden. Erst die Einführung der Quantenmechanik erlaubte es ein tieferes Verständnis der elektronischen Eigenschaften von Atomen zu gewinnen.

Als einfaches aber instruktives Beispiel zur Anwendung der Wellenmechanik von Teilchen und einer ersten Nutzung der Quantenmechanik werden wir das Bohrsche Atommodell zur Berechnung der grundlegenden Eigenschaften des Spektrums des Wasserstoffatoms kennenlernen. Trotz seiner Einfachheit erlaubt dieses Modell nicht nur die grundlegenden Eigenschaften von Wasserstoffatomen zu beschreiben, sondern auch die von anderen Systemen, in denen eine positive Ladung von einer negativen umkreist wird. Beispiele sind Rydberg-Atome oder Exzitonen in Halbleitern. Des Weiteren diskutieren wir das Franck-Hertz-Experiment, in welchem die diskrete Struktur der Bindungen von Elektronen im Atom in Stossexperimenten, im Einklang mit dem Bohrschen Atommodell, beobachtbar ist. Wir betrachten ebenfalls eine Erweiterung des Bohrschen Modells nach Arnold Sommerfeld und zeigen gleichzeitig die Grenzen des Bohr-Sommerfeld-Modells auf. Anschliessend setzen wir uns mit Rydberg-Atomen auseinander, die durch das Bohrsche Atommodell gut beschrieben werden und auch ein Thema in der aktuellen Forschung sind. Zum Abschluss des Kapitels folgt ein Exkurs zu den Einstein-Koeffizienten, die es erlauben die Absorption und Emission von elektromagnetischer Strahlung in Atomen zu beschreiben.

8.1 Atomare Spektren - Diskrete Energiewerte

Im Allgemeinen beschreiben die in Messungen aufgenommenen Spektren von atomaren oder molekularen Gasen die Frequenzabhängigkeit der Emission oder Absorption von elektromagnetischer Strahlung in Atomen oder Molekülen. Diese Spektren sind charakteristisch für die innere Struktur der Atome oder Moleküle. Spektren können auch zur Untersuchung der Eigenschaften von Festkörpern und Sternen aufgenommen werden. Optische Spektren sind eine wichtige Quelle für Informationen über die elektronische Struktur und den Aufbau von Atomen und daher ein wichtiges Hilfsmittel in der Atomphysik.

Zur Beobachtung von Emissionsspektren muss das zu untersuchende Objekt, bzw. die zu untersuchende Substanz, zuvor angeregt worden sein. Dann kann die Frequenzabhängigkeit der emittierten Strahlung untersucht werden. Absorptionsspektren können aufgenommen werden, indem ein Objekt mit einem kontinuierlichen Spektrum (z.B. dem eines schwarzen Strahlers) bestrahlt wird und seine Absorption bei charakteristischen Frequenzen beobachtet wird.

Häufig unterscheidet man drei verschiedene Typen von Spektren:

In experimentell aufgenommenen Spektren wird die von einer Substanz emittierte oder absorbierte Strahlungsleistung oder Intensität häufig gegen verschiedene für die Frequenz der Strahlung charakteristische Messgrössen aufgetragen. Welche dieser Grössen verwendet wird, hängt von den Gepflogenheiten der spezifischen Fachrichtung ab.

Spektren geben im gesamten Frequenzbereich elektromagnetischer Strahlung (siehe Abb. 8.1), von Radiowellen bis Gammastrahlung, Auskunft über die Eigenschaften von Substanzen.


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Abb. 8.1: Die Unterteilung des Spektrums in verschiedene Spektralbereiche beginnend mit Radiowellen bis zu Gammastrahlung.


8.1.1 Typische Spektren

Nach den allgemeinen Bemerkungen zu den Spektren schauen wir uns als nächstes ein paar Beispiele von Spektren an (siehe Abb. 8.2). Die Sonne als beinahe schwarzer Strahler (siehe Abschnitt 5.4.7) zeigt ein kontinuierliches Spektrum. Atome, wie z.B. Wasserstoff, Helium, Quecksilber oder Uran, zeigen wie für Atome typisch Linienspektren, die sowohl in Absorption oder in Emission beobachtet werden können.


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Abb. 8.2: Beispiele von atomaren Spektren: (a) Sonne, (b) Wasserstoff, (c) Helium, (d) Quecksilber und (e) Uran. Auf den Achsen ist die Wellenlänge in nm aufgetragen. [10]


8.1.2 Klassische Betrachtungen und die Stabilität von Atomen

Diskrete Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen können nicht mit Methoden der klassischen Physik erklärt werden. Klassische Theorien würden beliebige Elektronenenergien und somit kontinuierliche Spektren vorhersagen.

Man könnte aus der Tatsache, dass ein Atom bestimmte Frequenzen (Spektrallinien) aussendet, schliessen, dass ein Atom als klassisches lineares Schwingsystem mit vielen Freiheitsgraden aufgefasst werden kann. Doch selbst einfache Atome mit wenigen Freiheitsgraden, wie z.B. das Wasserstoffatom, hat sehr viele Spektrallinien, die im Oszillatormodell schwer zu verstehen wären. Selbst die Annahme, dass das Atom durch ein anharmonisches Schwingsystem beschrieben sei, löst dieses Problem nicht. Denn bei solchen Systemen hängen die Schwingungsperioden von den Amplituden ab, so dass man keine scharfen Spektrallinien, sondern eher kontinuierliche Spektren erwarten würde.

Nicht einmal die Stabilität des Elektrons auf seiner Bahn um den Atomkern, und somit die Stabilität des Atoms selber, kann mit klassischen Methoden erklärt werden.

Wir betrachten hier als Beispiel das einfachste Atom, das Wasserstoffatom. Es besteht aus einem Proton, das von einem einzigen Elektron umkreist wird. Wir nehmen an, dass sich das Elektron auf einer Kreisbahn mit zunächst konstanter Winkelgeschwindigkeit bewegt. Für die zum Kern (Proton) gerichtete Zentralbeschleunigung ist die Coulomb-Kraft verantwortlich. Der Kern ist einige tausend Mal schwerer als das Elektron und kann daher als raumfest betrachtet werden. Dieses System aus Proton und Elektron lässt sich somit als ein rotierender elektrischer Dipol beschreiben. Die Kreisbewegung kann als Superposition einer harmonischen Schwingung längs der x-Achse mit einer harmonischen Schwingung längs der y-Achse aufgefasst werden (siehe Abb. 8.3). Ein oszillierender Dipol strahlt elektromagnetische Wellen ab. Demzufolge verliert das Elektron auf seiner Bahn und somit das Atom dauernd an Energie. Mit anderen Worten das Elektron verliert auf seiner Bahn kinetische Energie und würde somit auf einer Spiralbahn mit zunehmender Umlaufsfrequenz unaufhaltsam in den Kern stürzen. Wenn wir von einem Bahnradius ausgehen, der etwa einem Atomradius entspricht, d.h. 1 Å , dann wäre die Lebensdauer des Atoms von der Grössenordnung von 10-8   s. Dies steht jedoch klar im Widerspruch mit der Tatsache, dass Atome (in ihrem Grundzustand) stabil sind und dass Atome Licht bei diskreten Frequenzen abstrahlen und kein kontinuierliches Spektrum haben (siehe Abschnitt 8.1.1).


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Abb. 8.3: Beim Wasserstoffatom umkreist ein Elektron den Kern (Proton) auf einer Kreisbahn mit Winkelgeschwindigkeit ω  . Nach der klassischen Vorstellung würde das Elektron auf seiner Bahn kinetische Energie verlieren und auf einer Spiralbahn in den Kern stürzen.


Hier bemerken wir, dass das von einem heissen Körper emittierte kontinuierliche Spektrum auch von Atomen herrührt, die jedoch sehr stark miteinander gekoppelt sind. Einzelne Atome haben jedoch diskrete Spektren.

8.1.3 Spektrallinien und das Ritzsche Kombinationsprinzip

Im Jahre 1908 fand Walter Ritz (Schweizer Mathematiker und Physiker) bei der Betrachtung von Atomspektren eine Gesetzmässigkeit, die einen ersten Ansatzpunkt zur Erklärung der Spektren von Atomen liefert. Diese wird auch als Ritzsches Kombinationsprinzip bezeichnet:

Die Frequenz ν  jeder Spektrallinie eines Atoms lässt sich darstellen als die Differenz zwischen zwei sogenannten Spektraltermen Ti   und Tf

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Jede Atomsorte hat einen für sie charakteristischen Satz von Spektraltermen Tj  .

Als formales Beispiel betrachten wir ein System mit drei Spektraltermen T1   , T2   und T3   . Demzufolge lässt es folgende drei Frequenzen zu

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Aus T2 - T1 = (T3 - T1)- (T3 - T2 )  folgt, dass zwischen den drei Frequenzen die folgende Beziehung gelten muss

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Aus diesen Betrachtungen ergibt sich folgende Interpretation für das Kombinationsprinzip: Das System in unserem Beispiel hat drei diskrete Energieniveaus E1 = hT1   , E2 =  hT2   und E3 = hT3   und kann unter Emission eines Photons von einem Niveau in ein anderes übergehen, wobei die Energie hν  des Photons der Differenz zwischen den beiden Energieniveaus entspricht (siehe Abb. 8.4).


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Abb. 8.4: Ritzsches Kombinationsprinzip: Energieschema eines Systems mit drei Spektraltermen.


8.2 Das Wasserstoffatom

Bevor wir uns dem Bohrschen Atommodell zuwenden, welches die ersten Erklärungsansätze zum Verständnis des Spektrums des Wasserstoffatoms lieferte, setzen wir uns noch etwas genauer mit dem Wasserstoffatom auseinander. Das Wasserstoffatom bestehend aus einem Proton und einem Elektron ist das einfachste Atom. Es nahm daher während dem letzten Jahrhundert immer wieder eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Atommodellen ein.

Betrachten wir das Energieschema des Wasserstoffatoms (siehe Abb. 8.5) so entspricht jedem Übergang zwischen einem Paar von Energieniveaus einer Spektrallinie im Spektrum des Wasserstoffatoms. Im sichtbaren Wellenlängenbereich gibt es drei charakteristische Linien (Wellenlängen: 656.3 nm, 486.1 nm und 434.0 nm), welche zusammen mit einer ganzen Schar von Linien im nahen UV-Bereich eine sogenannte Serie von Spektrallinien bilden. Der Abstand der Linien dieser Serie nimmt zu kleineren Wellenlängen ab, bis die Linien schlussendlich gegen einen Grenzwert konvergieren. Diese Serie von Spektrallinien im Wasserstoffatom wird Balmer-Serie genannt und wurde historisch, da sie im sichtbaren Frequenzbereich liegt, als erste entdeckt. Der Namensgeber Johann Jakob Balmer (Schweizer Mathematiker und Physiker) fand 1885 eine Formel für die Wellenlängen der Serie

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wobei G  ein empirisch gefundener Zahlenwert ist.


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Abb. 8.5: Das Energieschema des Wasserstoffatoms: Die Übergänge zwischen den einzelnen Energieniveaus lassen sich in verschiedene Serie von Spektrallinien unterteilen.


Weitere Untersuchungen zeigten, dass das Wasserstoffatom aus sehr vielen solchen Serien besteht. Dabei spielte vor allem die Beobachtung von Licht, das von astrophysikalischen Quellen ausgesandt wird, eine entscheidende Rolle, da es zum Zeitpunkt dieser Untersuchungen schwierig war, auf der Erde reinen Wasserstoff zu isolieren und experimentell zu untersuchen. Die Gesamtheit der beobachteten Serien wird durch die sogenannte Rydberg-Formel, welche aus rein empirischen Untersuchungen von Johannes Rydberg gefunden wurde, beschrieben

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wobei die ganzen Zahlen n
 i   und n
 f   , die sogenannten Hauptquantenzahlen, den Anfangszustand bzw. den Endzustand bezeichnen und                  7  -1
RH  = 1.09678⋅10  m   die Rydberg-Konstante ist. Den Wert der Rydberg-Konstanten ermittelte Rydberg aus experimentellen Daten des Wasserstoffspektrums. Die Rydberg-Kon-stante wird auch häufig äquivalent in Einheiten von Energie, Wellenlänge oder Frequenz angegeben.

Die Balmer-Formel (8.9) ist ein Spezialfall der Rydberg-Formel (8.10) für nf = 2  . Die wichtigsten Serien beim Wasserstoffatom sind neben der Balmer-Serie die Lyman-, Paschen-, Brackett und Pfund-Serie (siehe Tab. 8.1).






nf   Name der Serie Formel Bereich im Spektrum




    
1 Lymann-Serie          (       )
          1-   1-
νif = RHc  12 - n2i UV
2 Balmer-Serie          (       )
νif = RHc  12 - 12
          2    ni sichtbar
3 Paschen-Serie          ( 1   1 )
νif = RHc  32 - n2i infrarot
4 Brackett-Serie          (       )
ν = R  c  1--  1-
 if    H   42   n2i infrarot
5 Pfund-Serie          (       )
νif = RHc  152 - 12
               ni infrarot




    

Tab. 8.1: Die Serien von Spektrallinien im Wasserstoffatom.

Der Vergleich der Rydberg-Formel (8.10) mit dem Ritzschen Kombinationsprinzip aus Abschnitt 8.1.3 zeigt, dass der Ausdruck       2
RHc∕n j  gerade den Spektraltermen Tj  entspricht. Die Terme hTj  können somit als mögliche Energieniveaus des Elektrons im Atom interpretiert werden für die das Bohrsche Atommodell eine erste Erklärung lieferte.

8.3 Bohrsches Atommodell des Wasserstoffatoms

Das Bohrsche Atommodell war das erste einfache Modell zur Erklärung des Spektrums des Wasserstoffatoms. Es wurde vom dänischen Physiker Niels Bohr um 1913 entwickelt. Einerseits ging er vom (klassischen) Rutherfordschen Atommodell (siehe Abschnitt 7.5.2) aus, indem er annahm, dass sich im Wasserstoffatom das negativ geladene Elektron auf einer Kreisbahn um den positiv geladenen Kern bewegt. Andererseits formulierte er ausgehend von den experimentellen Erkenntnissen über atomare Spektren drei Postulate. Das Modell wird daher auch oft als semiklassisches Atommodell bezeichnet.

Wir beginnen mit dem klassischen Modell für die Bahnbewegung des Elektrons im Wasserstoffatom. Das Elektron bewegt sich auf einer Kreisbahn um das Proton (siehe Abb. 8.3). Diese Kreisbahn ergibt sich aus dem Gleichgewicht zwischen der anziehenden Coulomb-Kraft FC   zwischen Elektron und Kern, und der Zentripetalkraft FZ   , die das Elektrons mit Masse m  und Geschwindigkeit v  auf seiner Bahn mit Radius r  wahrnimmt

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Daraus ergibt sich die folgende Bedingung für die Geschwindigkeit v  des Elektrons, um bei einem gegebenem Bahnradius r  zu einer stabilen Kreisbahn zu führen

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Die Gesamtenergie des Elektrons auf einer solchen Bahn setzt sich aus kinetischer und potentieller Energie zusammen. Für die kinetische Energie erhalten wir mit (8.12)

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Die potentielle Enegie Epot   entspricht der Arbeit, die man gewinnt, wenn man das Elektron aus dem Unendlichen unter Einwirkung der Coulomb-Kraft F
  C   zum Abstand r  vom Kern bringt

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Dies entspricht der Bindungsenergie1 und nimmt dementsprechend einen negativen Wert an. Damit erhalten wir für die Gesamtenergie in diesem klassischen Modell

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Wie wir in Abschnitt 8.1.2 gesehen haben, ist es mit einem solchen Modell zusammen mit den Gesetzen aus der klassischen Elektrodynamik nicht möglich die Stabilität von Atomen und insbesondere die Charakteristiken von atomaren Spektren zu erklären. Um diese Lücke zwischen der klassischen Physik und den experimentellen Beobachtungen zu schliessen, formulierte Bohr drei Postulate:

  1. Elektronen in Atomen erfüllen zwar die klassischen Bewegungsgleichungen, es sind aber nur ganz bestimmte diskrete Bahnen mit den Energien En  , die Energieterme des Atoms, erlaubt. Wie bei Rydberg wird n  Hauptquantenzahl genannt.
  2. Die Bewegung der Elektronen auf diesen Bahnen erfolgt strahlungslos. Es ist jedoch für das Elektron möglich unter Emission von Strahlung (d.h. unter Aussendung von Photonen) von einer Bahn mit geringerer Bindungsenergie E
  n  (also grösserem r  ) auf eine Bahn mit grösserer Bindungsenergie E ′
 n (kleinerem r  ) zu gelangen. Für das bei diesem Übergang emittierte Photon gilt der folgende Zusammenhang
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    Bei der Absorption von Photonen erfolgt der umgekehrte Prozess. Aus dem Vergleich mit der Rydberg-Formel (8.10) schrieb Bohr für die Energieterme

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    wobei R  die Rydberg-Konstante bezeichnet. Das Minuszeichen zeigt an, dass es sich dabei um Bindungsenergien handelt.

  3. Aus klassischer Sicht müsste die Umlauffrequenz der Elektronen auf den klassischen Kreisbahnen gleich der Frequenz der emittierten oder absorbierten Strahlung sein, was beim Wasserstoffatom insbesondere bei kleinen Bahnradien nicht zutrifft. Nach Bohr gilt aber: Mit wachsendem Bahnradius (d.h. mit wachsender Hauptquantenzahl n) stimmen diese beiden Frequenzen überein oder allgemein ausgedrückt mit wachsendem Bahnradius (d.h. mit wachsender Hauptquantenzahl n  ) gehen die Gesetze der Quantenmechanik in diejenige der klassischen Mechanik über. Dieses Prinzip wird Korrespondenzprinzip genannt. Insbesondere lässt sich durch das Korrespondenzprinzip mit Hilfe der ersten beiden Postulate die Rydberg-Konstante R  in (8.17) und  (8.18) und damit auch die Energieniveaus En  des Wasserstoffatoms durch atomaren Grössen ausdrücken.

Ausgehend von diesen Postulaten berechnen wir nun die Rydberg-Konstante und drücken sie durch atomare Grössen aus. Wir betrachten den Übergang eines Elektrons zwischen benachbarten Bahnen, d.h. n-  n′ = 1  , bei grossem n  . Aus (8.16), (8.17) und (8.18) erhalten wir für die Frequenz der dabei emittierten Strahlung

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Als nächstes drücken wir den (klassischen) Ausdruck für die Energie E  in (8.15) in Abhängigkeit der (klassischen) Frequenz νkl   aus. Mit r = v∕2π νkl   und (8.12) erhalten wir

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Auflösen nach dem Bahnradius r  ergibt

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Einsetzen in (8.15) liefert schliesslich für die Energie E  den Ausdruck

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Nach Postulat 3 nehmen wir nun an, dass mit wachsender Hauptquantenzahl n  die Gesetze der Quantenmechanik in diejenige der klassischen Mechanik übergehen und können deshalb νkl   in (8.22) durch den Ausdruck in (8.19) ersetzen

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Gleichsetzen mit (8.17) ergibt

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Daraus erhalten wir für die Rydberg-Konstante R  den folgenden Ausdruck

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Dieser Ausdruck ist in guter Übereinstimmung mit dem empirisch gemessenen Wert aus Abschnitt 8.2.

Ebenfalls erhalten wir einen Ausdruck für den n-ten Bahnradius rn  des Elektrons im Wasserstoffatom. Gleichsetzen von (8.15) und (8.17) ergibt

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Einsetzen von (8.25) liefert für den n-ten Bahnradius rn

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wobei der kleinste Bahnradius            -11
r1 = 5.3 ⋅10   m Bohrscher Radius genannt wird und üblicherweise mit a0   bezeichnet wird.

Weiter ergibt sich mit (8.12) und (8.27) für den Betrag des Bahndrehimpulses ⃗
L  des Elektrons

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Mit ℏ = h∕(2π)  ergibt sich

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D.h. der Bahndrehimpuls ist ein ganzzahliges Vielfaches von ℏ  .

8.3.1 Alternative Formulierung des Bohrschen Atommodells

Als nächstes schauen wir uns zur besseren Veranschaulichung noch eine zweite gleichwertige Formulierung des Bohrschen Atommodells an. Wir betrachten die Bahnbewegung des Elektrons wiederum klassisch. Die Coulomb-Kraft ist verantwortlich für eine Kreisbewegung und die Bahngeschwindigkeit ist gegeben durch (8.12)

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Ebenfalls ist die Gesamtenergie des Elektrons gegeben durch (8.15)

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Als nächstes kommen wir zu den 3 Postulaten von Bohr. An den ersten beiden Postulaten wird im Wesentlichen festgehalten: Für das Elektron im Wasserstoffatom sind nur ganz bestimmte diskrete Bahnen mit den Energie En  erlaubt, die Bewegung auf diesen Bahnen erfolgt strahlungslos, jedoch kann Strahlung beim Übergang eines Elektrons von einer Bahn auf eine andere emittiert oder absorbiert werden, für diesen Übergang gilt En - En ′ = hν  und die Energieniveaus sind nach Rydberg gegeben durch En  = - Rhc ∕n2   .

In der vorherigen Betrachtung resultierten nun die charakteristischen Grössen für die Elektronenbahnen (Rydberg-Konstante (Energie), Radius, Bahndrehimpuls) aus der Annahme, dass mit wachsendem Bahnradius (wachsender Hauptquantenzahl n  ) die Gesetze der Quantenmechanik in diejenige der klassischen Mechanik übergehen und der daraus resultierenden Grenzbetrachtung: Gleichsetzen der Umlauffrequenz auf den klassischen Kreisbahnen mit der (quantenmechanischen) Frequenz der emittierten oder absorbierten Strahlung für hohe n  .

Anstelle dieser Grenzbetrachtung tritt zur Bestimmung der Elektronenbahnen nun folgende gleichwertige Betrachtung: Wir betrachten die de Broglie-Wellenlänge λ  des Elektrons auf seiner klassischen Bahn um den Atomkern

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Mit (8.30) erhalten wir

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Für das Elektron im Wasserstoffatom sind nun nur die Bahnradien rn  erlaubt für die die Materiewelle des Elektrons mit sich selbst konstruktiv interferiert, d.h. die Länge der Umlaufbahn 2πrn  muss einem ganzzahligen Vielfachen der de Broglie-Wellenlänge λ  des Elektrons entsprechen. Oder in anderen Worten ausgedrückt: Die Materiewelle muss nach einer Umdrehung wieder auf sich selber treffen. Demzufolge lautet die Gleichung zur Bestimmung der Bahnradien rn  (Interferenzbedingung)

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Wenn die Länge der Umlaufbahn kein ganzzahliges Vielfaches der de Broglie-Wellenlänge ist, tritt destruktive Interferenz auf und die Bahn existiert nicht. Aus (8.34) erhalten wir mit (8.33) in Übereinstimmung mit (8.27) für den n-ten Bahnradius rn  des Elektrons

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Der Bahnradius rn  ist also quadratisch in der Hauptquantenzahl n  des Elektrons im Wasserstoffatom.

Analog zu (8.28) und  (8.29) ergibt sich auch die Quantisierung des Betrags des Bahndrehimpulses ⃗L  zu: |⃗L| = n⋅ℏ  .

Für die Gesamtenergie En  des Elektrons im Wasserstoffatom ergibt sich mit (8.35) aus (8.31)

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Gleichsetzen mit der Rydberg-Formulierung (8.17) ergibt in Übereinstimmung mit (8.25) für die Rydberg-Konstante

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Dabei ist zu beachten, dass die Energie des Elektrons En  umgekehrt proportional ist zum Quadrat der Hauptquantenzahl n  . Dieses Verhalten ist charakteristisch für die 1∕r  -Abhängigkeit des Coulomb-Potentials.

8.3.2 Bemerkungen zum Bohrschen Atommodell

8.4 Verallgemeinerung des Bohrschen Atommodells

8.4.1 Das Bohrsche Atommodell für Ionen

Wie bereits erwähnt lässt sich das Bohrsche Atommodell auch zur Erklärung der Spektren anderer wasserstoffähnlicher Systeme verwenden. Ein Beispiel sind Ionen mit einem einzigen verbleibenden Elektron, das sich mit einer Geschwindigkeit vn  auf einer Kreisbahn mit Radius rn  um einen positiv geladenen Kern mit Kernladungszahl Z  bewegt (z.B. He+   oder Li++   (siehe Abb. 8.6)).


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Abb. 8.6: Modell für Ionen mit einem Elektron, das den Kern (mit beliebiger Kernladungszahl Z  ) mit einer Geschwindigkeit vn  auf einer Kreisbahn mit Radius rn  umkreist.


Aus dem Kräftegleichgewicht ergibt sich unter Beachtung der Kernladung Z

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für die Bahngeschwindigkeit vn  einer stabilen Bahn des Elektrons

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Die analoge Rechnung wie in Abschnitt 8.3 führt zu folgendem Ausdruck für die Bahnradien rn  des Elektrons

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Die Gesamtenergie E  ist nach (8.13), (8.14) und (8.15) gegeben durch

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Einsetzen von (8.39) und (8.40) ergibt

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Zum Abschluss geben wir noch die Frequenz ν  der emittierten oder absorbierten Strahlung bei einem Elektronenübergang an. Mit (8.42) ergibt sich aus (8.16)

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wobei R = me4 ∕(8ϵ2h3c)
            0  die Rydberg-Konstante ist. Somit erkennen wir, dass die Bindungsenergie und auch die Energie der emittierten Photonen wie  2
Z   mit der Kernladungszahl des ionisierten Atoms skaliert. Daher haben Ionen immer deutlich höhere Übergangsfrequenzen als neutrale Atome.

8.4.2 Berücksichtigung der Kernbewegung

Bisher haben wir idealisiert angenommen, dass der Kern, um den sich das Elektron bewegt in Ruhe ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Kern unendlich schwer wäre. In der Realität hat der Kern aber eine endliche Masse und bewegt sich mit dem Elektron um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Wir berücksichtigen diese Mitbewegung des Kerns im Bohrschen Atommodell. Die dadurch hervorgerufene Korrektur der Rydberg-Konstante kann den Unterschied zwischen dem gemessenen Wert für die Rydberg-Konstante RH  = 1.09678⋅107 m -1   (siehe Abschnitt 8.2) und dem theoretischen Wert R  = 1.09737⋅107 m -1   aus (8.25) beim Wasserstoffatom erklären. Ausserdem erlaubt diese Betrachtung aus der genauen Vermessung des elektronischen Spektrums eines Atoms, Isotope mit unterschiedlichen Kernmassen experimentell nachzuweisen.

Die Bewegung des Kerns und des Elektrons mit den Massen M  und m  und Abstand r  kann aufgefasst werden als die Bewegung eines fiktiven Teilchens, das den Schwerpunkt im Abstand r  umläuft und die reduzierte Masse μ =  M m ∕(m  + M )  besitzt. Die Masse m  des Elektrons muss also durch die reduzierte Masse μ  ersetzt werden. Damit erhalten wir für die korrigierte Rydberg-Konstante, die wir mit RKern   bezeichnen, folgenden Ausdruck

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Für das Wasserstoffatom ist für M  die Protonenmasse einzusetzen. Es ergibt sich der folgende Wert

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was in dieser Genauigkeit mit dem gemessenen Wert RH   übereinstimmt.

Nach dieser Betrachtung können wir folgendes Fazit ziehen: Die Spektren aller Einelektronensysteme (Atome oder Ionen mit einem einzigen Elektron) stimmen bis auf den Faktor   2
Z   und die Rydberg-Konstante RKern   überein

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Dies deckt sich mit den experimentellen Resultaten. Insbesondere wurden für He+   diverse Serien von Spektrallinien gefunden die durch (8.46) beschrieben werden. Wie bereits erwähnt, können solche Bohrschen Atommodelle auch andere Phänomene erklären, z.B. wenn in einem Halbleiter ein einzelnes Elektron mit einem positiv geladenen Kern einen gebundenen Zustand bildet und damit ein sogenanntes Exziton formt.

8.5 Erweiterung des Bohrschen Atommodells

Betrachtet man die optischen Spektren von Atomen mit einer höheren Auflö-sung, so zeigt sich, dass einzelne Linien eine Substruktur aus mehreren Linien aufweisen, die sogenannte Feinstruktur. Aufgrund der Beobachtung solcher Feinstrukturen beim Wasserstoffatom und beim He+   -Ion postulierte Sommerfeld um 1915 eine Erweiterung des Bohrschen Atommodells.

Im Bohrschen Atommodell haben wir angenommen, dass sich die Elektronen auf Kreisbahnen um den Kern bewegen. Aus der Betrachtung der mechanischen Gesetze folgerte Sommerfeld, dass neben den Kreisbahnen auch Ellipsenbahnen möglich sind. Zur Beschreibung dieser Bahnen ist neben der Hauptquantenzahl n  eine zweite Quantenzahl notwendig. Die Hauptquantenzahl bestimmt weiterhin die Gesamtenergie E
  n  nach der Formel

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Zugleich bestimmt sie auch die grosse Hauptachse a
 n  der Ellipse. Zur Festlegung der kleinen Hauptachse bn,k  ist nun die neue Quantenzahl k  verantwortlich: Der Betrag des Bahndrehimpulses muss ein Vielfaches von ℏ  sein

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Der Vergleich mit (8.29) zeigt, dass wenn k = n  ist, die Ellipsenbahn zu einem Kreis wird. Zusammenfassend können wir sagen, dass zu jeder Hauptquantenzahl n  (und damit zur Energie En  ) eine grosse Hauptachse an  gehört, jedoch verschiedene kleine Hauptachsen b
 n,k  , welche durch die zweite Quantenzahl k  festgelegt werden.

Wir wissen nun, dass zu jeder Energie En  zwar verschiedene Bahnen gehören, jedoch ist die Zahl der beobachtbaren Linien im Spektrum gleich geblieben, d.h. das bisherige Modell liefert noch keine Erklärung für die anfangs erwähnte Feinstruktur in atomaren Spektren. Sommerfeld postulierte 1916 daher eine weitere Erweiterung: Die Berücksichtigung der bisher vernachlässigten Relativitätstheorie. Dadurch wird die Masse m  zu einer Grösse die von der Geschwindigkeit abhängt. Ein qualitatives Verständnis liefert die Anwendung des 2. Keplerschen Gesetzes auf Atome: Zieht man eine Verbindungslinie zwischen Kern und Elektron so überstreicht diese in gleichen Zeiten gleich grosse Flächen. Folglich bewegen sich die Elektronen auf ihren Ellipsenbahnen näher am Kern schneller und sind daher auch schwerer. Dies führt zu einer Änderung der Bahnform und der Energie: Das Elektron führt eine Art Rosettenbewegung durch und für die Energie En  ergibt sich nach Sommerfeld

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Dabei bezeichnet α  die Feinstrukturkonstante, welche gegeben ist durch

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Die Grössenordnung dieser relativistischen Korrekutur ist  2     -5
α  = 10   und daher eher klein.

Mit dem Bohrschen Atommodell inkl. den Erweiterungen durch Sommerfeld ist es möglich das Spektrum des Wasserstoffatoms zu beschreiben. Bei der Betrachtung von anderen Atomen kommen jedoch schnell die Grenzen dieses Modells zum Vorschein, auf die wir nun im nächsten Abschnitt eingehen.

8.6 Grenzen des Bohr-Sommerfeld-Modells

Das Bohr-Sommerfeld-Modell beschreibt einige grundlegende Eigenschaften des Wasserstoffatoms in guter Näherung. Das Modell erlaubt es aber nicht korrekte Vorhersagen für Atome mit mehreren Elektronen zu treffen.

Selbst beim Wasserstoffatom macht das Modell nur Aussagen über die Frequenz der emittierten oder absorbierten Strahlung. Angaben über relative Intensitäten der von verschiedenen Übergängen emittierten Strahlung können kaum gemacht werden. Bohr versuchte diese Schwachpunkte durch das Korrespondenzprinzip auszumerzen. Wie in Abschnitt 8.3 werden dazu Grössen wie Frequenz oder auch Strahlungsintensität klassisch berechnet und durch Grenzbetrachtungen in die Quantentheorie übertragen.

Ebenfalls ist die Beschreibung der Eigenschaften des Wasserstoffs in elektrischen oder magnetischen Feldern in diesem Modell nur begrenzt möglich. Abhilfe schafft nur eine Betrachtung eines Modells, das ausschliesslich auf der Quantenmechanik basiert(siehe Kapitel 9).

8.7 Rydberg-Atome

In diesem Abschnitt betrachten wir Atome bei denen sich ein Elektron in einem Zustand mit einer sehr grossen Hauptquantenzahl n > 20  befindet. Solche Atome werden Rydberg-Atome genannt und sind ein wichtiger Bestandteil der Grundlagenforschung über die Wechselwirkung einzelner Photonen mit einzelnen Atomen. Rydberg-Atome besitzen folgende Eigenschaften:

In der Realität kann man Rydberg-Atome mit Hauptquantenzahlen n  bis zu 350 beobachten. Mit Hilfe von Rydberg-Atome konnte man Grössen wie Energieniveaus oder Lebensdauern für Quantenzahlen experimentell bestimmen, die bis dahin nur theoretisch zugänglich waren.

8.8 Das Franck-Hertz-Experiment

Bisher haben wir in spektroskopischen Experimenten beobachtet, dass die Bindungsenergie von Elektronen in Atomen quantisiert ist. Wir betrachten nun ein Elektronenstoss-Versuch, mit welchem James Franck und Gustav Hertz 1914 (unabhängig von optischer Spektroskopie) die Existenz von diskreten Energieniveaus im Atom nachwiesen2.

8.8.1 Aufbau und Messung

Beim Franck-Hertz-Experiment (siehe Abb. 8.7) werden in einer mit Quecksilberdampf (von kleinem Druck) gefüllten Röhre Elektronen von der Glühkathode K emittiert und im elektrischen Feld zwischen Kathode K und Gitter G beschleunigt. Weiter aussen befindet sich die Auffängerelektrode A, die gegen das Gitter eine negative Spannung von 0.5 V hat.


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Abb. 8.7: Aufbau des Franck-Hertz-Experiments: In einer mit Quecksilberdampf gefüllten Röhre werden Elektronen von der Glühkathode K emittiert und im elektrischen Feld zwischen Kathode K und Gitter G beschleunigt. Die Auffängerelektrode A hat gegen das Gitter eine negative Spannung von 0.5 V.


Gemessen wird nun der Strom I  im Auffängerkreis als Funktion der Beschleunigungsspannung U  . Aus dem Messergebnis (siehe Abb. 8.8) wird ersichtlich, dass der Auffängerstrom Maxima durchläuft, die von mehr oder weniger scharfen Einbrüchen gefolgt sind. Die Maxima sind gleichmässig verteilt mit einem Abstand von jeweils 4.86 V.


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Abb. 8.8: Messkurve des Franck-Hertz-Experiments: Auffängerstrom I  als Funktion der Beschleunigungsspannung U  .


8.8.2 Interpretation

Die Interpretation für das erhaltene Messresultat ist folgende: Die beschleunigten Elektronen stossen mit den Quecksilberatomen zusammen. Wenn die kinetische Energie    2
mv  ∕2  des Elektrons 4.86 eV übersteigt, werden inelastische Stösse möglich. Dabei handelt es sich aber um besondere inelastische Stösse: Der Energieverlust des Elektrons beträgt jedes Mal ziemlich genau 4.86 eV. Da das Massenverhältnis der Stosspartner sehr klein ist (Elektronenmasse m  / Masse Quecksilberatom M  = 2.6 ⋅10-6   ), wird nach dem Impulserhaltungssatz nur ein sehr kleiner Bruchteil (Grössenordnung 10-6   ) der kinetischen Energie des Elektrons in Form von kinetischer Energie auf das Quecksilberatom übertragen. Beinahe der gesamte Energieverlust des Stosselektrons wird in der Elektronenhülle des Quecksilberatoms gespeichert. Die kinetische Energie des Elektrons nach dem inelastischen Stoss ist deshalb annähernd gegeben durch

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wobei v0 (v1)  die Geschwindigkeit vor (nach) dem Stoss ist. Dabei haben wir die Approximation m∕M  →  0  vorgenommen, was nach den oben aufgeführten Betrachtungen gerechtfertigt ist. Ausserdem wird die thermische Geschwindigkeit der Quecksilberatome und die Geschwindigkeitsverteilung der aus der Kathode austretenden Elektronen vernachlässigt.

Wir gehen noch etwas genauer auf die charakteristische Form der Messkurve ein. Der erste Abfall des Auffängerstroms wird bei der Beschleunigungsspannung U =  4.86 V + ϕ  beginnen, wobei W  = eϕ  die Austrittsarbeit der Elektronen aus der Kathode ist. Das Elektron wird in diesem Fall gerade noch einen inelastischen Stoss machen können und danach still stehen. Wenn die kinetische Energie des Elektrons nach dem Stoss mehr als 0.5 V beträgt, so vermag es noch gegen die Gegenspannung von 0.5 V anzulaufen und trägt zum Auffängerstrom bei. Folglich wird bis zu einer Beschleunigungsspannung von U =  4.86 V + ϕ + 0.5  V der Auffängerstrom sinken und beim Überschreiten dieser Spannung wieder ansteigen. Bei weiterer Steigerung der Beschleunigungsspannung vermag das Elektron noch einen zweiten, dritten, vierten ... inelastischen Zusammenstoss ausführen. Da es jedes Mal die Energie von 4.86 eV verliert folgen die Maxima bzw. Abfälle der I(U)  -Kurve in Abständen von 4.86 V aufeinander.

Wir schliessen aus diesen Beobachtungen, dass die Elektronenhülle eines Quecksilberatoms Energie nur in diskreten Quanten von 4.86 eV aufnehmen kann. Dies ist ein weiterer unabhängiger Hinweis auf das Vorhandensein von diskreten Energieniveaus in Atomen. In diesem Experiment wird das Quecksilberatom aus dem Grundzustand in einen angeregten Zustand gehoben, dessen Energie um 4.86 eV höher liegt. Tatsächlich findet man auch eine entsprechende Linie im optischen Spektrum des Quecksilberatoms bei E = 4.86  eV bzw. λ = 2536  Å .

Es bleibt jetzt noch die Frage zu klären, was mit dieser Energie geschieht, die in der Elektronenhülle des gestossenen Quecksilberatoms gespeichert ist. Es zeigt sich, dass die Quecksilberatome nicht lange in diesem angeregten Zustand bleiben, sondern innerhalb einer Zeit von ungefähr 10 -8   s unter Emission eines Photons der Energie hν = 4.86  eV in den Grundzustand zurückfallen. Die Wellenlänge des emittierten Lichts ist gegeben durch λ = 2536  Å . Diese Strahlung kann im Franck-Hertz-Experiment ebenfalls direkt beobachtet werden.

Bei einer verfeinerten Messanordnung erhält man mehrere Maxima und Minima in der I(U )  -Messkurve. Es zeigt sich also auch im Stossexperiment die Tatsache, dass das Quecksilberatom viele angeregte Zustände, d.h. viele diskrete Energieniveaus besitzt. Es kann auch vorkommen, dass ein Atom durch einen ersten Elektronenstoss in ein langlebiges, ein sogenanntes metastabiles Energieniveau gehoben wird. Bevor es dann in den Grundzustand zurückfällt, kann es durch einen zweiten Stoss in ein noch höhere Energieniveau gehoben werden.

8.9 Einstein-Koeffizienten

Die Absorption und Emission von elektromagnetischer Strahlung durch Atome werden durch die sogenannten Einstein-Koeffizienten beschrieben. Im thermischen Gleichgewicht erlauben sie eine alternative Herleitung des Planckschen Strahlungsgesetzes (5.22), das wir bereits in Kapitel 5 kennengelernt haben.

Wir betrachten N  Atome im thermischen Gleichgewicht mit einem elektromagnetischen Strahlungsfeld der spektralen Energiedichte u (ν )  bei einer Temperatur T  . Des Weiteren betrachten wir Atome mit diskreten Energieniveaus, wie wir sie in diesem Kapitel kennen gelernt haben. Betrachten wir nun vereinfachend nur zwei dieser Energieniveaus Ei  und Ej  , so gibt es nach Einstein drei verschiedene physikalische Prozesse, die für einen Übergang zwischen diesen Niveaus verantwortlich sind (siehe Abb. 8.9):


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Abb. 8.9: Absorption, spontane und stimulierte Emission illustriert in einem Energiediagramm eines Atoms mit den Energielevels Ei  und Ej  .


  1. Durch Absorption eines Photons der Energie hνij = Ej - Ei  aus dem elektromagnetischen Feld wird das Atom vom tieferen Energieniveau Ei  ins höhere Energieniveau Ej  angehoben.
  2. Es ist möglich, dass ein Atom im Energieniveau Ej  nach einer gewissen Zeit (mittlere Lebensdauer des Energieniveaus) spontan unter Emission eines Photons der Energie hνij = Ej - Ei  ins tiefer liegende Energieniveau Ei  fällt. Dementsprechend wird dieser Vorgang spontane Emission genannt.
  3. Bei der stimulierten Emission wird der Übergang des Atoms von E
  j  nach E
  i  durch ein Photon der Energie h ν  = E  - E
   ij    j    i  aus dem elektromagnetischen Feld eingeleitet oder wie es der Name sagt stimuliert. Dabei wird ein weiteres Photon der Energie hνij = Ej - Ei  ausgesendet. Es sei hier bemerkt, dass die stimulierte Emission in Lasern zur Erzeugung von kohärentem Licht eingesetzt wird.

Wir nehmen nun an, dass sich Ni  Atome im Zustand Ei  und Nj  Atome im Zustand Nj  befinden, wobei gilt N  = Ni + Nj  . Wir betrachten die Übergänge von Ei  nach Ej  und Ej  nach Ei  getrennt:

  1. Die Anzahl dNij  der Atome, die durch Wechselwirkung mit dem elektromagnetischen Feld der spektralen Energiedichte u(ν)  in einem Zeitintervall dt  durch Absorption eines Photons von Ei  nach Ej  übergehen, ist gegeben durch

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    wobei Bij  der Einsteinsche B-Koeffizient ist und für die Wahrscheinlichkeit steht, dass ein Atom ein Photon der Frequenz νij  absorbiert.

  2. Die Anzahl dNji  der Atome, die durch Wechselwirkung mit dem elektromagnetischen Feld der spektralen Energiedichte u (ν )  im Zeitintervall dt  durch spontane oder stimulierte Emission eines Photons von Ej  nach Ei  übergehen, ist gegeben durch

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    Dabei ist A
  ji  der Einsteinsche A-Koeffizient und steht für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom spontan ein Photon der Frequenz νij  emittiert. Bji  ist ein weiterer Einsteinscher B-Koeffizient und steht für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom durch Wechselwirkung mit einem Photon der Frequenz νij  zur Emission eines weiteren Photons der Frequenz νij  stimuliert wird.

Aus (8.53) und (8.54) ergeben sich die Differentialgleichungen für den zeitlichen Verlauf der Anzahl Atome Ni  und Nj  in den Zuständen Ei  und Ej  . Die Änderung dN
   i  pro Zeitintervall dt  der Anzahl Atome im Zustand E
  i  ergibt sich aus der Differenz zwischen der Anzahl Atome dNji  , die im Zeitintervall dt  von Ej  nach Ei  übergehen und der Anzahl Atome dNij  , die im Zeitintervall dt  von Ei  nach Ej  übergehen

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Analog ergibt sich die Änderung dN
   j  pro Zeitintervall dt  der Anzahl Atome im Zustand Ej  aus der Differenz zwischen der Anzahl Atome dNij  , die im Zeitintervall dt  von Ei  nach Ej  übergehen und der Anzahl Atome dNji  , die im Zeitintervall dt  von Ej  nach Ei  übergehen

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Einsetzen von (8.53) und (8.54) liefert die folgenden Differentialgleichungen

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Im thermischen Gleichgewicht streben die Anzahl Atome N
 i  und N
  j  in den Zuständen Ei  und Ej  gegen einen konstanten Wert (siehe Abb. 8.10), d.h. die Ableitungen dNi∕dt  und dNj ∕dt  verschwinden.


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Abb. 8.10: Die Anzahl Atome Ni  und Nj  in den Zuständen Ei  und Ej  als Funktion der Zeit für die Temperaturen (a) T = 4  K und (b) T = 300  K. Als Anfangszustände haben wir jeweils Ni = 1  und Nj = 0  gewählt.


Daraus folgt

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Diese Gleichung ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass im thermischen Gleichgewicht die Anzahl Übergänge von Ei  nach Ej  im Zeitintervall dt  identisch mit den Anzahl Übergängen im Zeitintervall dt  von Ej  nach Ei  ist, d.h. es gilt

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Aus (8.59) ergibt sich für die spektrale Energiedichte u(ν )
   ij  der folgende Ausdruck

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Wir nehmen an, dass die Anzahl der Atome Ni  und Nj  in den Zuständen Ei  und E
  j  im thermischen Gleichgewicht durch die klassische Maxwell-Boltzmann-Verteilung gegeben ist

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wobei C  eine Konstante ist. Damit folgt für das Verhältnis der Zahl der Atome Ni  im Zustand Ei  zur Zahl der Atome Nj  im Zustand Ej

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Einsetzen in (8.61) ergibt

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Für T →  ∞ muss gelten u(ν) → ∞ . Daraus folgt, dass die beiden B-Koeffizien-ten identisch sein müssen

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D.h. die Wahrscheinlichkeiten für Absorption und stimulierte Emission sind gleich. Damit ergibt sich für die spektrale Energiedichte u(ν  )
   ij

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Für sehr kleine Frequenzen, d.h. hνij ≪ kBT  gilt das Rayleigh-Jeans-Gesetz

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Entwickeln wir nun (8.67) für kleine Frequenzen (hν  ≪  k T
  ij    B  ) dann erhalten wir

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Der Vergleich mit dem Rayleigh-Jeans-Gesetz (8.68) liefert für das Verhältnis der Einstein-Koeffizienten

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Mit anderen Worten die Wahrscheinlichkeiten für spontane Emission und Absorption sind proportional zueinander. Einsetzen in (8.67) liefert nun das folgende Resultat

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Dies ist das Plancksche Strahlungsgesetz (5.22), das wir bereits in Kapitel 5 kennengelernt haben, hergeleitet aus den Prozessen der Absorption und Emission von elektromagnetischer Strahlung in einem Atom der Übergangsfrequenz νij  .

8.10 Zusammenfassung